Die Schwarzwaldklinik

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"An Ihnen können sich andere Chefärzte ein Beispiel nehmen", schreibt eine Dame aus Westfalen. Einer von tausend Briefen, die mich in den letzten vier Jahren erreichten. "Seit ich die 'Schwarzwaldklinik' sehe, mag ich meinen Beruf noch lieber", schreibt eine Arzthelferin.

Andere Zuschauer versuchten, persönlichen Kontakt aufzunehmen. "Ich war zweimal in München in den Bavaria-Filmstudios, um Sie mal zu treffen", schreibt eine ältere Dame. "Aber leider habe ich nur Jupp Derwall mit seiner türkischen Fußballmannschaft gesehen..." Na, das ist doch auch nicht schlecht.

Eine Dame aus der Schweiz schickte mir sogar ihre medizinischen Befunde und bat um einen Termin für eine genaue Diagnose.

Nur die sagenhaften Heiratsangebote bekomme ich leider sehr selten. Und wenn, sind die Kandidatinnen selten über acht Jahre. Teenager hingegen beeindruckt an mir leider nicht meine erotische Stimme oder meine Schauspielkunst, sondern etwas ganz anderes, wie ich vor ein paar Wochen brieflich erfuhr: "Was ich besonders an Ihnen mag", schreibt eine Fünfzehnjährige, "sind Ihre Haare auf der Brust." Und dabei hatte ich mir soviel auf meine verträumten (weil kurzsichtigen) Augen eingebildet...

Unsere neue Familienministerin Ursula Lehr fand ein ganz anderes Haar in der Suppe. Sie warf uns vor, in der "Schwarzwaldklinik" veraltete Rollenklischees zu etablieren. und berufstätigen Müttern das Leben schwer zu machen.

Worum ging es?

Benjamin, der Film-Sohn von Christa (Gaby Dohm) und mir, hatte in der Serie einen Fieberanfall. Ein Kinderarzt untersuchte ihn und sagte: "Was ihm fehlt, ist seine Mutter."

Dabei betonte er, dass nicht Christas Beruf Benjamin krank gemacht habe, sondern die Unregelmäßigkeit ihrer Abwesenheit. "Mit einer Mutter, die nie da ist, könnte er sich leider nicht abfinden als mit einer, die nur manchmal da ist", schloss er.

Und so kann ich nur annehmen, dass Frau Lehr die Sendung nicht gesehen hat - sonst wüsste sie, worum es wirklich ging.

Ärger gab es auch bei der Darstellung einer Kindesmisshandlung vor zwei Jahren. Ein kleiner Junge wurde zu Hause brutal geschlagen. Er landete in der "Schwarzwaldklinik". Auf Druck von Bonn entschied der Rundfunkrat, dass die härtesten Szenen gestrichen wurden. Eine Maßnahme, die viele von uns empörte: Immerhin haben wir 300.000 Kindesmisshandlungen pro Jahr.

Unsere Folge 19 "Gewalt im Spiel" (Thema: eine Vergewaltigung) folgten gar Strafanzeigen und Indizierungsandrohungen. Und da sage noch einer, die Welt sei viel zu heil in der "Schwarzwaldklinik"...

Nun, diese Welt gibt es nicht mehr.

Am 8.8.1988 war letzter Drehtag.

"Ick kann mir det gar nich vorstellen - dass ich nie wieder durch den Schwarzwald laufen soll", sagte Wolfgang Rademann in einem Anfall von Melancholie. Regisseur Hans-Jürgen Tögel fuhr noch einmal zu allen Orten, an denen wir gedreht hatten. Ich kaufte mir ein Aquarell mit einer Schwarzwald-Landschaft. Wir nahmen Abschied vom Schwarzwald. Erinnerungen wurden ausgetauscht, Versprechungen gegeben, Adressen und Telefonnummern aufgeschrieben, gute Vorsätze gefasst. Ein jährliches "Klassentreffen" wird es sicher nicht geben im Schwarzwald - schließlich sind wir alle Zigeuner, fahrendes Volk, heute in der dieser Stadt, morgen in einer anderen, auf Tournee in Deutschland, im festen Engagement an einem Theater oder zu Dreharbeiten für Film und Fernsehen in der ganzen Welt.

Aber vielleicht macht Rademann ja bald eine ganz neue Serie. Oder - eine alte wieder neu. Denn eines weiß ich ganz genau: die Requisiten der "Schwarzwaldklinik" sind zwar eingemottet, aber noch lange nicht auf dem Sperrmüll. Und mein weißer Kittel hängt noch im Schrank.

 

 

 

 

 

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