Die Schwarzwaldklinik

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Volksmission und Wallfahrten


 

Im Jahre 1759 fand im Glottertal eine große Volksmission durch Jesuitenpatres statt. Da die Pfarrkirche zu klein war, erfolgten die Predigten unter freiem Himmel. Auf dem Acker des Lindingerburs Jakob Lindinger wurde ein "Theatrum" errichtet. Über dieser Bühne hing ein großes Schild mit der Aufschrift: "Nur keine Todsünd". Man erkennt daran gut die damalige religiöse Einstellung und die Angst vor der Todsünde, die direkt in die Hölle führt. Dahinter stand die Vorstellung von einem strafenden Gott, der in der religiösen Unterweisung bis vor wenigen Jahren eine große Rolle spielte. Es war kein frohmachendes Christentum, das hier gepredigt wurde.


Die Kirchenbücher berichten über diese Volksmission u.a. Am Ostersonntag 1759 empfing man die Missionare, die durch das Wildtal gekommen waren, beim "Eichenen Brünnlein" in Heuweiler, wo jetzt das Lammwirtshaus steht, und geleitete sie unter Singen und Beten in die Pfarrkirche. Zum Beichthören waren 2 Kapuziner, 1 Franziskaner und Kaplan Dischle von Buchholz anwesend. Da im Pfarrhaus nicht genug Platz war, "logierten drei Geistliche im Engel und ein Kapuziner in der Föhrentäler Mühle (Gasthaus Kreuz)." Während der Mission wurden 4000 heilige Kommunionen ausgeteilt. Allabendlich war eine Prozession gehalten worden. Im Verlauf dieser Volksmission ist ein Missionskreuz aufgerichtet worden. Man sagt, das sei das Kreuz oder ein Vorgänger des Kreuzes beim Lindingerhof.


Neben einem solchen Großereignis wie einer Mission war das Wallfahrten in früheren Jahrhunderten für die Menschen von existentieller Bedeutung. Die Menschen gerade auf dem Lande fühlten sich der Natur ausgeliefert. Krankheit, Feuer, Unwetter, Überschwemmungen und Hungersnöte bedrohten die Existenz jedes einzelnen. Die Menschen sahen diese Heimsuchungen sehr oft als Strafen Gottes an. Darum kam man zum Gebet in die Kirche oder zu Flurprozessionen zusammen und machte Wallfahrten. Wie wir heute darauf achten, dass wir unsere Versicherungen abschließen, so sahen die Menschen früher die Notwendigkeit, Gott um Verschonung vor Unheil zu bitten. Deshalb waren ihnen solche religiösen Übungen wie die Wallfahrten sehr wichtig. 


Obwohl die Kirche auf dem Mauracher Berg seit dem 16. Jahrhundert zerstört und verfallen war, war die Wallfahrt zu den dortigen Ruinen und zum Grab des heiligen Severin, das man dort vermutete, im Glottertal lebending geblieben. Sein Bild wurde fortan stets bei den Prozessionen mitgeführt und alljährlich wurde das Fest des hl. Severin in feierlicher Weise begangen. Ein alter Bericht aus dem Jahre 1760 meldet noch, wie am Sonntag vor Johanni sich die ganze Pfarrgemeinde zusammenfand zu feierlichem Gottesdienst mit besonderem Festprediger und großer Prozession. Erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts während der Aufklärungszeit hat das Glottertal den großen Festtag des Ortspatrons, des hl. Severin, verloren.


Aber seit Jahrhunderten hatte sich auch die Blasiuskirche im Glottertal zu einem Wallfahrtsort entwickelt. Acht Tage lang dauerte das "Fahrten" im Glottertal unter größter Anteilnahme der Pilgerscharen vornehmlich aus dem Breisgau. Zum Fahrten in der Bläsi-Oktav gehörte es, in der Kirche 3 Rosenkränze zu beten.


Wurde die Bitte um Linderung der Not am Wohnort nicht erhört, blieb noch die Möglichkeit einer Wallfahrt in einen der in der Nähe gelegenen Wallfahrtsorte. Meist sind mit den Wallfahrtsstätten Legenden verbunden, die von wunderbaren Heilungen sprechen, wie etwa St. Ottilien mit seiner Quelle, die bei Augenleiden helfen soll. Zu den Lieblingswallfahrtsorten der Glottertäler gehört seit langer Zeit der Lindenberg. Welche Bedeutung solche Wallfahrten für den einzelnen hatten, zeigt das Beispiel einer Bäerin aus dem Tal. Sie hatte ein schweres Schicksal. Hintereinander hatte sie zwei Männer verloren und den Hof mit ihren kleinen Kindern allein durchbringen müssen. Von ihr wird erzählt, sie habe immer wieder einmal eine Wallfahrt auf den Lindenberg gemacht. Als sie dann älter wurde und ihre Kinder sie bewunderten, dass sie das alles so mit ihnen geschafft hatte, sagte sie: "Wenn es für Euch schwer wird, wenn Euch etwas Schlimmes zustößt, dann wallfahrtet auf den Lindenberg. Wenn ihr dann oben rüber Richtung Lindenberg geht, dann werdet ihr spüren, es geht plötzlich alles viel leichter zu ertragen."


In diesem Sinne hat sich dann auch die Pfarrgemeinde am Neujahrstag 1945 in der schweren Zeit des Zweiten Weltkrieges  der Mutter Gottes geweiht und die Lindenbergwallfahrt versprochen, die bis heute noch jährlich durchgeführt wird.


Noch im 18. Jahrhundert gab es eine große Zahl solcher Pfarrwallfahrten, wobei sich jede Familie verpflichtet fühlte, dass zumindest ein Mitglied der Familie daran teilnahm. Wenn das überhaupt nicht möglich war, hat man jemanden aus einer anderen Familie, oft auch einen Tagelöhner gebeten, für einen zu pfaden, also zu wallfahrten, und hat ihn dafür meist mit Lebensmitteln ausbezahlt.


So gingen die Glottertäler in sogenannten Kreuzgängen am Osterdienstag nach Suggental, am Markustag nach Heuweiler, am Pfingsmontag nach St. Peter mit Mittagsmahl im Kloster und am Pfingstfreitag nach St. Märgen. Zu dieser Wallfahrt nach St. Märgen musste jeder Bauer mindestens zwei Personen schicken, jeder, der ein Häuslein besaß, eine Person. Nach alter Überlieferung ist der Kreuzgang gelobt worden schon im 14. Jahrhundert zur Abwendung der Pest.


Schien eine Wallfahrt in die Nähe für das Anliegen des Menschen nicht auszureichen, machte man sich zu einer großen Wallfahrt auf. Lieblingsziel für viele Glottertäler war Maria Einsiedeln in der Schweiz. So ist vom Drayerhof bekannt, dass früher bei wichtigen Ereignissen in der Familie, etwas die Geburt eines Kindes, jemand aus der Familie nach Einsiedeln wallfahrtete. Lambert Tritschler, der alte Lickertbur, er lebte von 1856 bis 1934, soll 34 mal zu Fuss nach Einsiedeln gewallfahrtet sein.


Wenn möglich, sind die Glottertäler auch immer wieder gern zum Bruder Konrad nach Altötting gewallfahrtet und haben ihn zum Schutzpatron erwählt.

 

 

 

 

 

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