Sie haben die letzte Folge der "Schwarzwaldklinik2 vor vier Tagen sehen können, für mich endete sie schon am 8. August 1988. Da fiel nach 751 Drehtagen die allerletzte Klappe. Wir Schauspieler waren froh - und traurig zugleich. Produzent Wolfgang Rademann arrangierte eine Feier. Ein großes Buffet wurde aufgebaut, es gab Geschenke, eine Tombola, und schließlich - Reden.
"Ich will versuchen, mich kurz zu fassen", begann Hans-Jürgen Tögel (unser Regisseur ab der 13. Folge). "Aber es gibt doch einiges, was ich Euch allen sagen möchte. Was ich Euch mit auf den Weg geben..." Er räusperte sich. "Ich glaube, wir alle haben..." Wir haben nie erfahren, was er uns eigentlich sagen wollte. Tögel verschlug es buchstäblich die Sprache, seine Stimme versagte. Er wischte sich die Augen. "Tut mir leid", flüsterte er und setzte sich.
Nun war ich dran. Ich musste zuerst "Dankeschön" sagen, das gehört sich schließlich bei solchen Feiern. "Ich möchte mich bei einem Kollegen bedanken", begann ich, "der nicht eine Sekunde in der 'Schwarzwaldklinik' zu sehen war. Und der heute auch nicht hier ist. Gerade deshalb gelten ihm meine Wünsche: Ich bedanke mich bei Armin Müller-Stahl..."
Großes Gelächter, Pfiffe, Klatschen. Ein Insider-Gag, den "die Familie" sofort verstand. Armin Müller-Stahl sollte nämlich ursprünglich - so wollte es Wolfgang Rademann - die Rolle des Professor Brinkmann übernehmen. Er lehnte ab. Ich dagegen war als "normaler Arzt" vorgesehen. So stand es in den Drehbüchern, die mir Wolfgang Rademann schickte. "Den Chefarzt oder keinen", telegrafierte ich Rademann. Mein Telegramm kreuzte sich mit Müller-Stahls Absage (und ich ersparte mir die Alternative "oder keinen").
Heute weiß ich: Es war eine Lebensrolle für mich. In 70 Folgen durfte ich so viele schauspielerische Facetten meines Könnens zeigen, wie es in keinem Theater der Welt möglich gewesen wäre. Man hat mir vorgeworfen, die "Schwarzwaldklinik" habe mich für alle Zeiten auf Arzt-Rollen festgelegt. Quatsch. Hat mich mein früherer Erfolgsfilm "Kurier der Kaiserin" festgelegt? Dann hätte ich zu meinen ersten Operationen im Glottertal degenschwingend einreiten müssen. Und hinterher? 137 ausverkaufte Tournee-Vorstellungen seit Oktober 1988 haben mir bewiesen, dass die Menschen mir andere Rollen glauben.
Plötzlich brach ich ohnmächtig zusammen
Dennoch: Einen Arzt zu spielen, ist und bleibt etwas besonderes. Während der Dreharbeiten zur "Schwarzwaldklinik" lag immer das medizinische Wörterbuch in meiner Garderobe.
Ich unterhielt mich mit richtigen Ärzten, wann immer sich die Gelegenheit bot. Und wurde belohnt mit vielen guten Kritiken. Auch für die Rolle als "Patient". Erinnern Sie sich noch an die 24. Folge?
Ich war mitten in einer Operation. Plötzlich brach ich ohnmächtig zusammen. Ein paar Türen weiter bekam Christa gerade unseren Benjamin. Ich stöhnte auf - und fiel um. "Schnell, Injektion", rief Udo, während ein Kollege für mich weiter operierte. Udo untersuchte mich: Herzinfarkt! Schmerz verzerrte mein Gesicht, und die wichtigsten Stationen meine Lebens zogen an meinen Augen - und denen der Kamera - vorbei. "Sagt Christa nichts", rief Udo den anderen Ärzten zu, während er mich medizinisch versorgte.
Einen Tag, nachdem die Folge im ZDF gelaufen war, traf ich einen befreundeten Chirurgen. Der sagte etwas zu mir, das mich stolzer machte als das Lob eines Schauspiel-Kollegen: "Dein Infarkt wirkte so echt, als hättest Du schon einen erlebt", meinte der Arzt.
Erlebt habe ich Gott sei Dank noch keinen. Aber ich habe mich gründlich auf diese Szene vorbereitet - unter anderem durch ausführliche Gespräche mit Ärzten. Gespräche, die Monate später Früchte tragen sollten.
Christa konnte nicht mal den Kopf schütteln
Es war im Sommer '88. Unsere Maskenbildnerin Christa Wittlich bekam plötzlich Fieber, Kopfweh und Rückenschmerzen.
Ein Arzt aus Hinterzarten diagnostizierte Grippe und verschrieb Aspirin. Doch das Mittel half nichts, die Schmerzen blieben. Nach drei Tagen begann ich mir Sorgen zu machen. Ich fragte Christa: "Ist Dein Hals steif? Kannst Du den Nacken bewegen?" Sie konnte nicht mal den Kopf schütteln, um nein zu sagen. Da rief ich die Freiburger Uni-Klinik an: "Ich fürchte, hier hat jemand Hirnhautentzündung." Ich brachte "meine Patientin" selbst in die Neurologie nach Freiburg. Dort erwies sich meine Diagnose als richtig. Zum Glück war es eine virusbedingte Hirnhautentzündung, keine bakterielle - sonst hätten wir zwei Wochen vor Drehschluss alle in Quarantäne gehen müssen. Und das wäre teuer geworden...
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