Der Geburtsort der "Schwarzwaldklinik" war ein - Friedhof.
Wolfgang Rademann und der damalige ZDF-Vize-Programmdirektor Peter Gerlach suchten nach einer zündenden Idee. Die beiden verabredeten sich zu einem Gedankenaustausch im Parkhotel "Adler" in Hinterzarten. Das Erfolgsteam ("Traumschiff", "Die-Peter-Alxander-Show") machte lange Spaziergänge durch den romantischen Schwarzwald, über verschlafene Feldwege - und den Hinterzartener Friedhof. Eine neue Serie sollte es sein nach dem Erfolg mit dem "Traumschiff". Nur: Wer sollte die Hauptperson sein? Wo sollte sie spielen? "Vielleicht mal was Medizinisches", schlug Rademann vor, während sie an der alten Friedhofsmauer entlangschlenderten.
Gerlacht betrachtete interessiert die Inschrift auf dem Grabstein. "Wie wär's denn damit?" fragte er. Da stand "Kurarzt Dr. ..."
"In Wien hat die Erde gebebt"
Vom Kurarzt bis zur "Schwarzwaldklinik" war es dann nur noch ein kurzer Weg. Und aus mir wurde der Professor für alle Fälle. "In Wien hat die Erde gebebt", behauptete Wolfgang Rademann später - so laut hätte ich "Ja!" geschrien, als er mir die Hauptrolle anbot. Ich akzeptierte - und habe es nie bereut.
Am 30. April werde ich 60. Ans Wiener Burgtheater werde ich nicht zurückgehen. Sein Direktor, Claus Peymann, sagte 1988: "Sollte der Brinkmann-Darsteller Wussow zurückkommen, könnte ich ihn nur noch beurlauben." Vielen Dank, Herr Peymann, ich nehme das Angebot dankend an.
Und folgte damit meinem Freund, dem Burgschauspieler Heinz Reincke, der sich ebenfalls von der Burg beurlauben ließ. Er spielte in der "Schwarzwaldklinik" einen Tippelbruder - und legte unser Team ganz schön herein. Erinnern Sie sich? Der heruntergekommene angeheiterte Landstreicher war auf seinem klapprigen Fahrrad durch den Schwarzwald geradelt, gestürzt, in unsere Klinik eingeliefert worden. Vor der Operation musste der stinkende Kerl laut Drehbuch von den hübschen jungen Schwestern erst einmal gründlich gewaschen werden.
"Das war noch nicht gut, das müssen wir nochmal drehen", sagte Reincke nach der ersten Klappe. Doch auch die zweite Waschung gefiel ihm noch nicht so recht. Erst nach einigen Wiederholungen kamen wir ihm auf die Schliche: Dem Schlingel gefiel das Waschen von zarter Hand zu gut...
Manche Leute glauben, dass es in so einem Fernsehteam sehr locker zugeht, dass wir Schauspieler die Nächte durchfeiern und die Hauptaufgabe der Maskenbildnerin darin steht, dunkle Ränder unter den Augen fortzuschminken. Weit gefehlt.
Ich Armer, der ich jeden Tag viele Szenen aus verschiedenen Büchern zu drehen hatte, kam abends müde vom Drehen ins Hotel, aß eine Kleinigkeit mit Kollegen, setzte mich bis in die Nacht an meinen Text, lernte, stand um 5 Uhr wieder auf. Und lernte weiter, bis um 6.30 Uhr der Wagen mich abholte ins Studio Hamburg. Bei den Außenaufnahmen im Schwarzwald ging es etwas gemütlicher zu. Man fuhr abends schon mal mit Freunden zum Essen an den Titisee, saß mit Kollegen an der Bar im Parkhotel "Adler". Aber mit einem Lotterleben - nein, damit konnten wir alle nicht dienen.
Das gab es nur - in der "Schwarzwaldklinik". Frau Michaelis (Evelyn Hamann) verliebte sich in Florian (Raimund Harmstorff), später in unseren Nachbarn Herr Pohl (Wolfgang Wahl). Udo (Sascha Hehn) bandelte erst mit Schwester Elke (Barbara Wussow) an, heiratete dann Katarina (Ilona Grübel), ging fremd mit einer Boutique-Besitzerin (Franziska Bronnen), verliebte sich in Kindermädchen Claudia (Anja Kruse), später wieder in Elke. Ich machte eine Reise mit Maria (Hannelore Elsner) durch Amerika, flirtete mit Theres (Beatrice Kessler) und später mit Dr. Plessers (Verena Peter). Und auch die anderen Ärzte der "Schwarzwaldklinik" gingen auf erotische Entdeckungsreisen - allen voran Volker Brandt als Dr. Schübel. Er turtelte erst mit Laborantin (Andrea L'Arronge), mit einer Patientin (Kerstin de Ahna), hatte Ärger mit seiner Frau (Anita Lochner), fand dann sein Glück bei einer Freundin von Christa (Monika Woytowicz). Eine Traumrolle für Brandt? "Unsinn", widersprach er eines abends bei einem Glas Wein. "Ich spiele den größten Quatsch, solange er noch Spaß macht."
"Schübel spielt den großen Macker"
"Aber reizt Sie diese Rolle des Herzensbrecher nicht besonders?" wollte ich wissen, ein wenig eifersüchtig. Dr. Schübel war dabei, mit bei den Patientinnen den Rang abzulaufen.
Brandt jedoch winkte ab. "Ach, dieser Schübel ist doch im Grunde ein armes Schwein. Er läuft hinter jedem Rock her, ohne wirkliche Liebe kennenzulernen. Würden Sie mit dem tauschen wollen?"
Ich schüttelte den Kopf.
"Und außerdem", fuhr Brandt fort, "erinnert sich der Schübel mich sehr stark an uns Schauspieler. Er spielt den großen Macker, tut so, als ob was los wäre - dabei ist überhaupt nichts los während der Arbeit.
Tatsächlich war unser Privatleben stark eingeschränkt. Am Wochenende besuchte man sich, die Telefonrechnungen stiegen ins Astronomische. Und man blieb keusch, zumindest am Drehort. Denn wir waren eine große Familie - und da wäre Erotik untereinander so etwas wie Inzest gewesen.
Schließlich gab es doch Erotik. Und nicht zu wenig. Aber davon das nächste Mal...
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