22.10.2010 Als das deutsche Fernsehen seinen Arzt bekam Vor 25 Jahren startete die "Schwarzwaldklinik" im ZDF 1985 war der Schwarzwald eines der beliebtesten Urlaubsgebiete der Deutschen, der Arztroman die populärste Trivialliteratur und das Fernsehen hatte noch keine Konkurrenz im Netz. Was lag also näher, als alle drei miteinander zu kombinieren und die Mutter aller deutschen TV-Krankenhausserien zu basteln: "Die Schwarzwaldklinik".
"Morgen, mein Name ist Brinkmann, ich bin der neue Chefarzt!"
Erste Visite für Professor Klaus Brinkmann in der Schwarzwaldklinik. Als an diesem 22. Oktober 1985 der Pilotfilm über den Bildschirm flimmerte, hatte keiner der ZDF-Programmmacher mit einer solchen Resonanz gerechnet. Fast 24 Millionen Zuschauer fieberten den Heilkünsten des ersten deutschen TV-Serien-Arztes entgegen.
"Na , was macht der Beinbruch?" - "Alles prima, Herr Professor, das juckt und zwickt wie ein Sack Flöhe!" - "Na, wenn's juckt und zwickt, dann heilt's!"
Nur der Produzent Wolfgang Rademann - seit Jahren war er mit seiner Idee hausieren gegangen - hatte an den Erfolg geglaubt.
"Kein Buchverlag kommt ohne Arztroman aus. Kinofilm ist ohne den Halbgott in Weiss nicht denkbar. Jede Illustrierte hat ihre Medizinseite, nur das deutsche Fernsehen hatte keinen Arzt. Das war eine ganz schlichte Erkenntnis."
61 Prozent Sehbeteiligung: Soviel hatte bisher nicht einmal ein Spiel der deutschen Fußballnationalmannschaft erreicht. Von Beginn an wurde das kolossale Doktorspiel von einem beispiellosen Medienrummel begleitet. Programmzeitschriften druckten Romane zur Serie, Illustrierte prophezeiten genialische OP-Künste. Und BILD verriet sogar zum Serienstart:
"In turbulenter Folge jagen sich kleine und große Geschichten um Personal und Patienten der Klinik. Gleich heute stirbt eine Frau an Krebs."
Um das Fernsehvolk möglichst schnell an den Tropf zu hängen, hatte das ZDF in der ersten Woche gleich vier dramatische TV-Abende Klinikaufenthalt verordnet.
"Wir waren in einer gewissen Panik, weil sie..."-"Weil ich gerade einen Mörder operiere? Diesen Zustand müssen sie sich abgewöhnen Kollege, ein Arzt in Panik kann schwerwiegende Fehler begehen!" "Ja!"
Im Kampf um die Zuschauer hoffte das ZDF den bisherigen ARD-Hit, die US-Serie Dallas um den Fiesling J. R. Ewing vom Quoten-Sockel zu stoßen. Die Operation gelang, der Schwarzwälder Schinken aus dem Glottertal um Professor, Arztsohn Udo, Haushälterin Käti und Lernschwester Elke konnte im Laufe der ersten Woche sogar zulegen. Damalige Umfrageergebnisse lieferten das Erfolgsgeheimnis: Professor Brinkmann sei ein Arzt, dem man vertraue.
"Ist ein netter Mann, der Herr Professor!"
Der Schwarzwald sei landschaftlich schöner als die Wüste in Texas, die Geschichten realistischer als Dallas.
"Schwester, was hat meine Tochter denn, der Blinddarm ist doch schon vor zwei Wochen raus."
Und die Frage, ob Schwester Christa des Professors Herz erobert, allemal spannender als jede Intrige im Ölgeschäft.
"Heute scheinen wir beide dienstfrei zu haben, wollen wir ein bisschen zusammen gehen?" - "Warum nicht, zumal wir sowieso ein Verhältnis miteinander haben." - "Nein!" - "Ja, das weiß die ganze Klinik!"
Während in den ZDF-Chefetagen die Champagnerflaschen kreisten und von "Einem Stück Fernsehgeschichte" gesprochen wurde, wetzten Kritiker die Messer und spotteten über "TV-Hospitalismus", "Romanze in Mull" und "Ärzte am Schneideweg". Mit dem Aufmacher "Operation Kitsch" widmete "Der Spiegel" dem Serienstart seine Titelstory:
"Die Eskalation des Stumpfsinns hat mittlerweile auch die letzten Hemmungen der öffentlich-rechtlichen Ordnungshüter überwunden. 'Die Schwarzwaldklinik' ist ein Rückfall in die Gemütslage der 50er-Jahre - dorthin, wo Kitsch und Sentimentalität, falsche Innerlich-keit und ein sich gegen alles Neue verzweifelt anstemmender Konservatismus lebten und webten." ("Der Spiegel", 28.10.1985)
Produzent Wolfgang Rademann nahm es gelassen:
"Der Verriss war gigantisch. Das war also erstmal enorm. Aber das bin ich nun seit 35 Jahren gewohnt, damit kann man umgehen. Also das berührt mich nicht. Ich werde ja nicht von Kritikern bezahlt, sondern vom Publikum und das ist ja das entscheidende."
Während das ZDF 3 Jahre und 74 Folgen lang den Samstag als Familien-tauglichsten Fernsehabend der Schwarzwaldklinik reservierte, das Merchandising mit Stoff-Puppen entdeckte, die des Professors Schreibtisch zierten...
"Na die sind ja entzückend!"-"Aber wenn die älteren Patienten so ein Engelchen sehen, dann wollen sie auch eins, aber das kostet natürlich."
Und während die Folgen immer teurer und aufwendiger wurden, Politmagazine dafür gekürzt und anspruchsvolle Produktionen dem beginnenden Quotenwahn zum Opfer fielen, setzte ein enormer Bustourismus an die Original-Drehschauplätze ein. Nach dem Ende der Serie wurden nicht nur seine gebührenfinanzierten Ratschläge vermisst, die größten Fans von Professor Brinkmann waren sogar enttäuscht, dass er im Glottertal nicht tatsächlich weiter praktizierte.
"Ein guter Arzt zweifelt immer ein bisschen, vor allem an sich selbst !"
2005 versuchte das ZDF, mit zwei weiteren Folgen eine Neuauflage zu starten. Doch diese Generation Ärztekittel lockte nur sieben Millionen Zuschauer, zu wenig für einen Quotenhit.
Heile Welt hat immer Konjunktur Liebe, Triebe, Doktorspiele: Vor 25 Jahren startete die Mutter aller deutschen Arztserien und lockte ein Millionenpublikum vor den Fernseher. Im einestages-Interview verrät "Schwarzwaldklinik"-Erfinder Wolfgang Rademann, warum die Serie beinahe nicht gedreht worden wäre - und schwärmt von seinem liebsten Verriss.
Ihre OP-Seifenoper "Schwarzwaldklinik" erreichte Anfang der achtziger Jahre aus dem Stand Einschaltquoten von mehr als 60 Prozent. Haben Sie damit gerechnet?
Rademann: Überhaupt nicht. Der Sender, ich, alle waren baff.
Warum sehnten sich die Menschen damals plötzlich so sehr nach dem Fünfziger-Jahre-Kitsch à la "Schwarzwaldklinik"?
Rademann: Moment, das war kein Fünfziger-Jahre-Kitsch! Es war die heile Welt, die die Leute so in ihren Bann zog. Und die hat immer Konjunktur.
Das kann doch unmöglich das einzige Erfolgsgeheimnis gewesen sein.
Rademann: Das neue Genre der Arztserie interessierte die Leute. Jeder Mensch wird mal krank oder hat Angst davor, krank zu werden. Damit beschäftigen sich alle - je älter sie werden, desto stärker. Ärzte und Krankheiten sind einfach ein Urthema. Das hatten die Verantwortlichen beim Fernsehen zu dieser Zeit jedoch nicht erkannt.
Mussten Sie also viel Überzeugungsarbeit leisten?
Rademann: Ende der siebziger Jahre lief in der ARD die tschechische Arztserie "Das Krankenhaus am Rande der Stadt" - und bescherte dem Sender einen unglaublichen Erfolg. Da dachte ich: Mensch, was die Tschechen können, können wir doch auch. Im deutschen Fernsehen gab es damals nichts dergleichen. Also sprach ich das ZDF an und sagte: "Kinder, so was müsst ihr machen!" Zwei lange Jahre habe ich auf die Verantwortlichen eingeredet, ohne Erfolg. Keiner wollte sich da ranwagen. Irgendwann biss dann der damalige ZDF-Unterhaltungschef Peter Gerlach an und sagte: "Du nervst mich damit - jetzt machst du das selbst." Dabei wollte ich eigentlich gar nicht.
Warum nicht?
Rademann: Ich liege viel lieber unter Palmen als unter Tannen. Trotzdem habe ich mich dann gebückt und das Gold der Idee, das da einfach so auf der Straße lag, aufgehoben.
Die Masse liebte Sie für Ihre Serie. Die Feuilletonisten hingegen schäumten ob der neuen Seifenoper und beschworen den Untergang des deutschen Fernsehens herauf. Machte Ihnen das nichts aus?
Rademann: Ich habe immer gesagt: Eine gute Kritik in der "SZ" und ich weiß, dass ich was falsch gemacht habe. Als der SPIEGEL damals einen Titel zur "Schwarzwaldklinik" herausbrachte, war das für mich eine Ehre. Der Verriss einer TV-Serie als großes Thema beim Medienflaggschiff: So etwas hatte es noch nie gegeben. "Romanze in Mull" hieß die Geschichte damals. Herrlich!
Sie haben das Kriegselend und die Not der Jahre danach miterlebt, Ihren Vater früh verloren, Sie flüchteten 1958 mit Ihrer Mutter aus Ost-Berlin. Hatten Sie niemals Lust auf ernste, tiefgründige Stoffe?
Rademann: Nein, die sind was für die Elite. Die Masse liebt die schöne, heile Welt. Das macht mir mehr Spaß. Ich bin einfach ein Boulevardmensch. Schon als Journalist habe ich immer am liebsten bei den Massenblättern gearbeitet.
Was ist vom Erfolg geblieben? Hat der Erfolg der "Schwarzwaldklinik" die deutsche Fernsehlandschaft verändert?
Rademann: Die Serie war ein solcher Publikumserfolg, dass die Sender endlich aufwachten und merkten: Ach, guck mal, wir können ja auch bei den Leuten ankommen! Dieses Gespür für das, was die Masse liebte, das war bis dato noch sehr unterentwickelt.
Warum haben Sie Ihr Fernsehhospital eigentlich ausgerechnet ins Glottertal gelegt?
Rademann: Die Schwarzwaldklinik hätte theoretisch auch in der Lüneburger Heide, in Neustadt an der Weinstraße oder in Schleswig-Holstein stehen können. Allerdings war der Schwarzwald zu diesem Zeitpunkt eine vergessene Landschaft im deutschen Fernsehen. Seit dem legendären Forellenhof von der ARD spielte da nichts mehr. Ich habe diese wunderschöne Region aus ihrem Dornröschenschlaf erweckt - obwohl ich vorher noch nie da gewesen war. Ich fuhr runter und suchte wochenlang nach einem Drehort. Zwölf Motive hatten wir schon besichtigt, bis wir dann endlich die Glottertal-Klink entdeckten ...
... und damit der ganzen Region einen Tourismus-Boom bescherten. Wie reagierten die Schwarzwälder darauf?
Rademann: Naja, als die Reisebusse anrollten und die Menschenmassen einfielen, fing der Bürgermeister der Gemeinde Glottertal zunächst an zu meckern. Der Rummel war so groß, dass die Region damit völlig überfordert war. Heute jammern sie und wünschen sich den Trubel zurück.
Eigentlich war ja Armin Mueller-Stahl für die Rolle des Professor Brinkmann vorgesehen ...
Rademann: ... was für ein Glücksfall für alle Beteiligten, dass Mueller-Stahl absagte - sowohl für Mueller-Stahl als auch für Klausjürgen Wussow und für mich. Mueller-Stahl war die Serie zu lang, er machte danach Hollywood-Karriere. Und ich habe mit Wussow den besten Halbgott in Weiß bekommen.
1989 beendeten Sie die Serie, obwohl die Quoten keinerlei Anlass dazu gaben. Warum?
Rademann: Der inzwischen gestorbene Drehbuchautor Herbert Lichtenfeld und ich, wir waren der Meinung, die Geschichte sei auserzählt. Dem war einfach nichts mehr hinzuzufügen. Anders als heute üblich, wollten wir uns das Ende nicht von der Quote diktieren lassen.
2005 unternahmen Sie trotzdem den Versuch, die ins Koma gefallene "Schwarzwaldklinik" zu reanimieren.
Rademann: Das war keine Wiederbelebung, sondern ein einmaliges Special zum Jubiläum. Ich stellte damals fest, dass viele der Schauspieler noch leben. Da habe ich alle noch einmal zusammengetrommelt. Mit zwölf Millionen Zuschauern war das ein unglaublicher Erfolg ...
... an den Sie mit neuen Serien jedoch keinesfalls wieder anknüpfen wollen, obwohl Tausende von "Schwarzwaldklinik"-Fans Sie darum anflehen. Wieso zieren Sie sich so?
Rademann: Die "Schwarzwaldklinik" ist eine Legende - und ich mache eine Legende nicht kaputt durch eine schlechte Kopie.
Zwischen Kitsch und Kult Glottertal - Professor Brinkmann und Oberschwester Hildegard haben TV-Geschichte geschrieben. Die „Schwarzwaldklinik“ im ZDF kam vor 25 Jahren erstmals auf den Bildschirm. Sie ist die bis heute populärste und erfolgreichste deutsche Fernsehunterhaltungsserie. Wiederbelebt wird sie trotzdem nicht.
Die »Schwarzwaldklinik« war die deutsche Antwort auf US-Serien wie »Dallas« und »Denver-Clan«. Sie zog in den 80er-Jahren weltweit Millionen Menschen in ihren Bann. Vor genau 25 Jahren, am 22. Oktober 1985, wurde die erste Folge gesendet. Das markante Klinikgebäude in Glottertal bei Freiburg, an dem die Außenaufnahmen entstanden, wurde rund um den Globus einem Millionenpublikum bekannt. Ein Vierteljahrhundert später genießt die Serie Kultstatus.
Bis zu 28 Millionen Menschen saßen damals vor den TV-Geräten, als die Schauspieler Klausjürgen Wussow, Gaby Dohm, Sascha Hehn, Eva-Maria Bauer und andere ihre Ärzte- oder Schwesternkittel überstreiften. Die »Schwarzwaldklinik« war damit ein Straßenfeger. Auch international wurde die Serie ein Erfolg. Sie wurde in 43 Ländern ausgestrahlt und gehört damit zu den deutschen TV-Bestsellern im Ausland. Im deutschen Fernsehen wurde die TV-Klinik in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten acht Mal wiederholt. An den Drehorten im Schwarzwald löste die Serie einen Touristenboom aus.
»Die Schwarzwaldklinik war ein Phänomen, wie wir es in Deutschland zuvor nie hatten und auch nicht wieder haben werden«, sagt der Produzent der Serie, Wolfgang Rademann. Der heute 75-Jährige ließ sich von der tschechischen Fernsehserie »Das Krankenhaus am Rande der Stadt« inspirieren, die Ende der 70er-Jahre entstand. »Die Einschaltquoten der Schwarzwaldklinik sind bis heute unerreicht. Und sie werden auch nicht mehr getoppt werden können«, sagt Rademann. Konkurrenz durch das Privatfernsehen gab es damals noch nicht.
»Deutschland stand Kopf«, erinnert sich Schauspielerin Barbara Wussow (49), die an der Seite ihres Vaters die Rolle der Lernschwester Elke übernahm. Sie war von der ersten bis zur letzten Folge dabei. »Die Schwarzwaldklinik wurde zu einem Blockbuster, wie man heute sagen würde, und für viele kommende Arztserien zum Wegbereiter«, sagt sie. »Der Trubel und der Medienrummel um die Serie waren gigantisch, die Begeisterung der Massen wirkte berauschend.«
Allein in Deutschland wurden nach dem Ende der »Schwarzwaldklinik« mehr als 25 Ärzteserien ins Fernsehen gebracht. Den Erfolg des Vorbildes schaffte keine. Selbst Kritik konnte der »Schwarzwaldklinik« nichts anhaben. Manchen war die Serie zu seicht, professionelle Mediziner bezeichneten sie als wenig authentisch.
Zwischen 1985 und 1998 kamen 73 Folgen auf den Bildschirm. 2004 und 2005 gab es zwar zwei neue Episoden. Doch danach war endgültig Schluss. Einen Neustart der Serie lehnt Produzent Rademann ab. »Eine Wiederbelebung würde dem Original schaden«, sagt er. Zudem seien die meisten Schauspieler von damals inzwischen gestorben. Doch die Fans haben weiter Hoffnung. Sie haben europaweit mehr als 23 000 Unterschriften für eine Fortsetzung der Serie gesammelt. Rademann will davon nichts wissen. Er konzentriert sich auf die Endlosserie »Traumschiff«, die er seit 1981 für das ZDF produziert.
Doch Rademann und Wussow erinnern sich gern zurück. Am Mittwoch berichteten sie bei ZDF-Talker Markus Lanz aus den fünf Jahren, in denen die Serie entstanden ist. Am Samstag um 14 Uhr wiederholt das ZDF zum Jubiläum die letzte Folge der Serie. Sie trägt den Titel »Hochzeit mit Hindernissen«. Anschließend, um 14.45 Uhr, läuft der 90-Minuten-Film »Die nächste Generation«. Er ist vor fünf Jahren, zum 20-jährigen Bestehen der Serie, erstmals gesendet worden.
Die erste Folge der "Schwarzwaldklinik" am 22.10.1985 Die "Schwarzwaldklinik" im Glottertal bescherte dem ZDF in den 1980er Jahren Traumeinschaltquoten von bis zu 60% und ist eine der erfolgreichsten Serien Der Samstagabend hatte in den 1980ern für viele deutsche Fernsehzuschauer neben "Wetten, dass...?" noch einen weiteren Pflichttermin parat: um 19.30 öffneten sich die Türen der "Schwarzwaldklinik" im badischen Glottertal.
Die deutsche Antwort auf die "Mutter" aller Krankenhaus-Serien: Das Krankenhaus am Rande der Stadt
Man möchte ja meinen, dass alle fernsehtechnischen Innovationen aus den USA kommen, im Fall der Krankenhaus-Serien ist es jedoch die Tschechoslowakei, die Ende der 1970er Jahre diese Vorreiterrolle einnimmt. Die Serie "Das Krankenhaus am Rande der Stadt" gilt als "Mutter" dieses TV-Formats und die "Schwarzwaldklinik" ist die deutsche Antwort darauf. Allerdings wird auch der US-Dauerbrenner "General Hospital" als großer Einfluss genannt.
Die Welt in einem kleinen Krankenhaus-Kosmos - die "Schwarzwaldklinik"
Nun ist es nur auf den ersten Blick beschaulich und heimelig im Glottertal. In der "Schwarzwaldklinik" findet indes das richtige Leben mit all seinen Problemen, Wendungen und Tücken statt. Drehbuchautor Herbert Lichtenfeld und Produzent Wolfgang Rademann (dem Publikum bestens vom "Traumschiff" her bekannt...) thematisieren ärztliche Kunstfehler ebenso wie Sterbehilfe, Unfälle und falsche Diagnosen. Natürlich darf auch das Herz nicht zu kurz kommen und so wird auf eine ausgewogene Dosierung von Liebeskummer und -glück geachtet.
Mehr Schein als Sein - die Kulissen der "Schwarzwaldklinik"
Dass im Fernsehen nicht immer alles original und echt ist, ist nichts Neues. So wird auch die "Schwarzwaldklinik" mitnichten im Schwarzwald gedreht, sondern in ganz unspektakulären Hamburger Fernsehstudios. Nur für die Außenaufnahmen ist man tatsächlich in Süddeutschland. Die wunderschön gelegene "Schwarzwaldklinkik" ist in Wirklichkeit die "Klinik Glotterbad", ein Sanatorium. Das Haus von Professor Brinkmann ist das Heimatmuseum Hüsli in der Ortschaft Grafenhausen.
Lauter alte Bekannte: Professor Brinkmann, Schwester Christa, Oberschwester Hildegard, Pfleger Mischa
Popkulturell betrachtet hat die "Schwarzwaldklinik" ebenfalls Geschichte geschrieben. So sind die Charaktere der Serie teilweise in den allgemeinen Sprachgebrauch übergegangen, in Pflegeheimen werden gestrenge Vorgesetzte schon mal als "Oberschwester Hildegard" betitelt. Auch sonst sind die Brinkmanns (Vater Klaus, Sohn Udo, bald-Ehefrau Christa und natürlich die Haushälterin Käti) und der restliche Stab der Klinik dem deutschen TV-Publikum beinahe zu guten, alten Bekannten geworden.
Eine der erfolgreichsten deutschen Fernsehserien: die "Schwarzwaldklinik"
Von 1985 bis 1989 werden im ZDF 70 Folgen der "Schwarzwaldklinik" ausgestrahlt. Die Einschaltquoten liegen teilweise bei - heute schier unglaublichen - 60 Prozent und die Serie wird in 38 Länder verkauft. Damit ist die "Schwarzwaldklinik" bis heute eine der erfolgreichsten deutschen Fernsehserien. Nicht zuletzt umgibt die Serie der Charme der 1980er Jahre, der natürlich in den beiden Spezialfolgen von 2005 und 2007 nicht mehr reproduziert werden konnte.
Kuriose Randnotiz: die "Schwarzwaldklinik" auf dem Index
Die "Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften" (BPjS) wagte 1986 ein Husarenstück und setzte die Folge "Gewalt im Spiel" auf den Index. Darin wurde die Vergewaltigung einer jungen Frau gezeigt, die im Verlauf der Folge Selbstjustiz am Täter übte. Die Zuschauerreaktionen waren negativ, die BPjS reagierte - wurde aber vom Bundesverwaltungsgericht in die Schranken gewiesen: in einem Grundsatzurteil legten die Richter fest, dass eine Fernsehsendung als solche gar nicht in die Liste der jugendgefährdenden Schriften aufgenommen werden könne.
Jochen Schroeder: "Ach, das ist ja der Mischa" Der Zivi „Mischa“ in der „Schwarzwaldklinik“ war für Jochen Schroeder die Rolle des Lebens. Im Interview erzählt er, warum er selbst keinen Zivildienst geleistet hat und wie er Oberschwester Hildegard einen Elvis-Titel auf den Leib schrieb.
FOCUS Online: Herr Schroeder, werden Sie 25 Jahre nach der „Schwarzwaldklinik“ auf der Straße noch auf Ihre Rolle als Zivi „Mischa“ angesprochen?
Jochen Schroeder: Ja, nach wie vor. „Ach, da ist ja der Mischa“, heißt es dann. Manche Freunde wollen schon nicht mehr mit mir über die Straße gehen, weil man ständig angeschaut wird. Ich verstehe aber die Schauspielerkollegen nicht, die sich von den Fans belästigt fühlen. Wenn ich das große Glück habe, 30 Jahre in den Wohnzimmern und den Herzen der Menschen Gast zu sein, dann fühle ich mich doch nicht belästigt, wenn mich Leute ansprechen. Ich bin nicht so blöd zu glauben, dass man einen so großen Erfolg mit einer Figur hat, ohne von den Leuten damit identifiziert zu werden. Da ich meistens nette Rollen gespielt habe, kommt zum Glück auch selten jemand zu mir und sagt: „Sie sind ein Arsch!“
FOCUS Online: Sie haben vermutlich Hunderte Rollen gespielt. Doch fast die Hälfte Ihres Lebens kennt man Sie als den Zivi aus der Schwarzwaldklinik. Sind Sie genervt von „Mischa“?
Schroeder: Das ist eine Wahrnehmung, die ich so nicht teile. Ich werde fast genauso oft auf die Rolle des „Schocker“ aus „Die große Flatter“, ein Dreiteiler aus dem Jahr 1979, angesprochen oder auf die Serie „Die Wicherts von nebenan“.
FOCUS Online: Wie sind Sie damals zur Rolle in der „Schwarzwaldklinik“ gekommen?
Schroeder: Der Produzent Wolfgang Rademann hat mich angerufen und angefragt. Ich sagte: Schicken Sie mir mal das Drehbuch. Er wollte mich, und ich hab zugesagt. Später habe ich sogar mit Michael Kausch, der den Oberarzt Doktor Engel spielte, selbst kleine, lustige Füll-Szenen fürs Drehbuch geschrieben. Zum Beispiel sang ich mal beim Fiebermessen „You give me fever“ von Elvis und wurde dafür von Oberschwester Hildegard zusammengeschissen, ich solle mich gefälligst benehmen. Dann verließ sie das Zimmer, warf ihre Haare in Elvis-Manier in den Nacken und sang auch „You give me fever“.
FOCUS Online: Erinnern Sie sich, wie hoch die Gage war?
Schroeder: Ja, aber darüber spreche ich nicht. Das ist ein großer Fehler vieler Kollegen. Ich kenne eine Schauspielerin, die öffentlich behauptet hat, für eine Krimirolle 60 000 Mark bekommen zu haben. Ich habe den Vertrag gesehen: Es waren 20 000 Mark. Da geistern immer unglaubliche Summen durch die Welt. Man muss aber auch immer bedenken, dass man für eine Rolle viel Zeit zur Vorbereitung und zum Textlernen braucht oder zu Presseterminen reisen muss. Natürlich hab ich gut verdient mit der Schwarzwaldklinik. Aber Millionen hab ich deshalb nicht auf dem Konto. Außerdem findet ein Schauspieler nicht jeden Tag Arbeit. Man muss die vermeintlich hohen Tagesgagen auf das Jahr verteilen.
FOCUS Online: Klingelt heute noch die Kasse, wenn eine Folge wiederholt wird?
Schroeder: Ja, damals wurde das so in die Verträge geschrieben. Eine Wiederholung auf einem guten Sendeplatz spüre ich schon auf dem Konto, bei einer Ausstrahlung im Vormittagsprogramm eher nicht. Manchmal sind es auch nur ein paar Cent bei einer Wiederholung im Ausland. Heute verzichtet man auf das Wiederholungshonorar und zahlt dafür etwas höhere Tagessätze. Das ist halt ein ziemlicher bürokratischer Aufwand.
FOCUS Online: Zivis trugen damals obligatorisch lange Haare und galten als Revoluzzer oder Staatsfeinde. Fühlen Sie sich als Ikone des Pazifismus?
Schroeder: Ich denke, dass die Schwarzwaldklinik unterbewertet ist, wenn man sie nur als Unterhaltung betrachtet. Die Serie hat dazu beigetragen, dass die Patienten mutiger geworden sind gegenüber den einstigen Halbgöttern in Weiß, dass sie sich zu fragen trauen: „Was bedeutet eigentlich Ihr lateinisches Geschwafel?“ Und es gibt sogar eine demoskopische Untersuchung, wonach „durch die Figur des Pflegers Mischa die Akzeptanz von Kriegs- und Wehrdienstverweigerern in der bunderepublikanischen Gesellschaft signifikant zum Positiven verändert wurde“ – das hab ich auswendig gelernt.
FOCUS Online: Sie haben selbst auch den Wehrdienst verweigert?
Schroeder: Ja, und ich wurde deshalb als Vaterlandsverräter und Drückeberger beschimpft.
FOCUS Online: Aber Zivildienst haben Sie nicht geleistet. Warum?
Schroeder: Das weiß ich auch nicht so genau. Ich war damals als Schauspieler in Berlin tätig, und das gehörte ja nicht zum Bundesgebiet. Nach der Gewissensprüfung habe ich nie wieder etwas von denen gehört. Und ich hab mich natürlich auch nicht mehr gemeldet. Vielleicht wollten sie mich nicht, weil ich zu frech war, keine Ahnung. Aber wenn ich Zivildienst gemacht hätte, wäre ich auch in eine Klinik gegangen.
FOCUS Online: Mischa ging gegen das Waldsterben auf die Straße. Engagieren Sie sich heute politisch?
Schroeder: Bei den Politikern, die wir haben, sind die Bürger ja immer mehr gefragt, sich zu artikulieren, und ich glaube, dass der Staat bei den Demos gegen Stuttgart 21 ordentlich zugelangt hat. Ich setze mich ein, wo ich kann, im Rahmen meiner Möglichkeiten. Aber ich hasse es, darüber zu reden. Ich finde es peinlich, wenn die Leute ihr Engagment oder ihre Gutherzigkeit durch die Zeitungen jagen. Da bin ich anders erzogen: Gutes tun, aber die Klappe halten.
FOCUS Online: Glauben Sie, dass Ihr Leben ohne die Schwarzwaldklinik anders verlaufen wäre?
Schroeder: Darüber habe ich nie ernsthaft nachgedacht. Ich lebe im Heute und Jetzt und versuche, aus der Gegenwart das Beste zu machen. Es war ein Riesenglück, die Schwarzwaldklinik zu machen. Das verschafft mir noch 25 Jahre später den besten Platz im Restaurant und macht mir das Leben einfacher und angenehmer.
FOCUS Online: Haben Sie noch Kontakt zu anderen Schauspielern aus der Serie?
Schroeder: Manchmal per Telefon oder man trifft sich zufällig im Fahrstuhl, trinkt was zusammen. Mehr aber nicht. Die Branche ist auch ein Haifischbecken. Mit Eva-Maria Bauer, Oberschwester Hildegard, war ich bis zu ihrem Tod aber sehr eng befreundet.
FOCUS Online: Sind Sie traurig, dass sich an Ihre Auftritte als TV-Moderator auf Sat.1 und im ZDF niemand mehr erinnert?
Schroeder: Ach, das war ganz witzig und lustig. Natürlich wäre es nett gewesen, wenn ich ein zweiter Gottschalk oder Jauch geworden wäre. Aber vielleicht kann ich das auch gar nicht. Im Moment moderiere ich wieder für ein Internetportal. Das heißt „Goldene Zeit“ und ist ein Angebot für die lebendige Generation ab 50, also Leute in meinem Alter. Der Start ist für den 5. November geplant.
FOCUS Online: Für Ihren Job als Chef eines Boulevardtheaters: Was hat Ihnen mehr genutzt? Ihre kaufmännische Lehre oder Ihre Fernseherfahrung?
Schroeder: Es ist ein ökonomisch schwieriges Geschäft, da sind kaufmännische Kenntnisse sehr hilfreich. Trotzdem musste ich mein Theater in Bochum im Frühjahr schließen. Jetzt sind wir ein reines Tourneetheater, also ein Theater auf Reisen, ohne eigene Bühne. Ich liebe die Tingelei, in fremden Städten zu sein. Unser Land ist so schön. Nicht nur im Schwarzwald. Nächstes Jahr werde ich aber auch wieder mit einer Hauptrolle im Fernsehen sehr präsent sein. Mehr kann ich dazu im Moment nicht verraten.
FOCUS Online: Dass Sie auch als Metzgergehilfe und Schlafwagenschaffner gearbeitet haben, ist vermutlich eine Legende.
Schroeder: Nein, das stimmt. Die Metzgerlehre habe ich angefangen, weil es da 60 Mark gab, Lehrlinge in anderen Berufen bekamen nur 40. Aber nach sechs Wochen hab ich das wieder geschmissen. Das war nichts für mich. Als ich die Aufnahmeprüfung am Bochumer Schauspielhaus geschafft habe, aber noch keine 18 war, hatte meine Mutter die Unterschrift verweigert. Schauspielerei war für sie wie „Kinder fressen und Drogen nehmen“. Daher musste ich die Zeit bis zur Volljährigkeit überbrücken und habe als Schlafwagenschaffner gearbeitet. Das war Klasse!
FOCUS Online: Der Schwarzwaldklinik-Fanclub sammelt Unterschriften für eine Fortsetzung der Serie. Unterschreiben Sie?
Schroeder: Die Kulissen für die Innenaufnahmen in Hamburg sind nach Abschluss der Dreharbeiten entsorgt und verbrannt worden. Ich fand es, ehrlich gesagt, den richtigen Zeitpunkt, dass es zu Ende war. Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist. Wenn man nicht mehr weiß, wann man aufhören soll, wird es schnell peinlich. Die erste Special-Folge zum 20. Jubiläum war okay. Aber damit muss es auch gut sein. Und finden Sie mal wieder einen so guten Autor wie den verstorbenen Herbert Lichtenfeld! Nein, es war ein guter Zeitpunkt aufzuhören. Alte Leute wie ich reden gerne von ihren alten Liebschaften, die 50 Jahre her sind. Das will aber niemand hören.
FOCUS Online: Mit der Aussetzung der Wehrpflicht verschwindet vielleicht auch der Zivildienst. Finden Sie es schade, wenn die Zuschauer bei der Wiederholung zum 50. Jahrestag der Schwarzwaldklinik nicht mehr wissen, was ein Zivi ist?
Schroeder: Das werden sie immer wissen. Die Eltern, die den Wehrdienst verweigert haben, werden ihren Kindern immer von diesem heroischen Akt erzählen.
Zur Person: Jochen Schroeder wurde 1954 in Bochum geboren. Mit 22 Jahren begann er seine Schauspielerkarriere, bekannt wurde er zunächst durch die Serie „MS Franziska“ (1977) und zwei Jahre später als „Schocker“ im WDR-Dreiteiler „Die große Flatter“. 1983 veröffentlichte er ein Musikalbum. Parallel zur „Schwarzwaldklinik“ stand er für die Serie „Die Wicherts von nebenan“ vor der Kamera. Er betrieb danach Theaterbühnen in Duisburg, Wuppertal und Bochum, die er nach und nach wieder schließen musste. Die „Comödie Bochum“ ist heute ein reines Tourneetheater. Schroeder lebt mit seiner Familie mit drei Generationen in derselben Straße in Bochum.
Jubiläum: Vor 25 Jahren startete die "Schwarzwaldklinik" Vor 25 Jahren startete „Die Schwarzwaldklinik“. Kommt jetzt das Remake? Viele Fans haben noch heute Sehnsucht nach dem Glottertal. Bangen und Hoffen, Liebe und Schmerz, Irrungen und Wirrungen. Und Ärzte, die den überstrapazierten Klischeespruch von den „Halbgöttern in Weiß“ aus den 1950er Jahren in die 1980er transportierten. „Die Schwarzwaldklinik“ war ein Phänomen: von Kritikern gehasst, vom Publikum heiß geliebt. Als vor 25 Jahren, am 22. Oktober 1985, die erste Folge der „Schwarzwaldklinik“ im ZDF lief, fanden gerade die Mainzer Tage der Fernsehkritik statt. Wolfgang Rademann, Produzent der legendären Krankenhaus-Serie, erzählt gerne folgende Geschichte: Ein Regisseur, so hätten ihm damals Anwesende berichtet, habe im Hotelzimmer einen Teil der Sendung gesehen, sei hinuntergekommen und habe den anderen gesagt: „Was für ein Mist!“ Und dann sei am nächsten Tag die Quote gekommen: „Ein Donnerschlag.“ Zeitweilig schalteten sich bis zu 26 Millionen Zuschauer ein – das Privat-TV steckte noch in den Kinderschuhen. 70 Folgen lang, von 1985 bis 1989, litt eine Nation mit der medizinischen Abteilung und deren Privatleben. Die Geschichten um Professor Brinkmann (Klausjürgen Wussow), seine Frau Christa (Gaby Dohm), Oberschwester Hildegard (Eva Maria Bauer) und Haushälterin Frau Michaelis (Evelyn Hamann) trafen den Nerv des Publikums. Selbst junge Leute, die was von „Heimatfilm-Schnulze“ murmelten, kannten Brinkmanns feschen Sohn Udo (Sascha Hehn) und „Lernschwester Elke“ (Barbara Wussow). Der 2007 verstorbene Klausjürgen Wussow setzte sich mit seinem so autoritär wie menschlich wirkenden Professor ein Denkmal. Ganze Busladungen landeten täglich vor der Klinik, die eigentlich ein Reha-Bau war. Was Wunder, dass die Patienten wenig beglückt waren. 2005 liefen im ZDF noch einmal mit Erfolg zwei neue Episoden. Die Sehnsucht nach dem Glottertal machte es möglich. Doch danach war Schluss. Einen Neustart der Serie lehnt Produzent Rademann ab. „Eine Wiederbelebung würde dem Original schaden“, sagt er. Er konzentriert sich auf sein „Traumschiff“. Rademann: „Ich liege lieber unter Palmen als unter Tannen“. Am Samstag (14.00 Uhr) wiederholt das ZDF die letzte Serienfolge aus dem Glottertal mit dem Titel „Hochzeit mit Hindernissen“. Anschließend läuft das Special „Die Schwarzwaldklinik – die nächste Generation“.
Die "Schwarzwaldklinik" wird 25 - Sehnsucht nach dem Glottertal Die "Schwarzwaldklinik" war die deutsche Antwort auf US-Serien wie "Dallas" und "Denver-Clan". Sie zog in den 80er Jahren weltweit Millionen Menschen in ihren Bann. Vor genau 25 Jahren, am 22. Oktober 1985, wurde die erste Folge gesendet. Das markante Klinikgebäude in Glottertal bei Freiburg, an dem die Außenaufnahmen entstanden, wurde rund um den Globus einem Millionenpublikum bekannt. Ein Vierteljahrhundert später genießt die Serie Kultstatus. Das ZDF erinnert diese Woche daran. Bis zu 28 Millionen Menschen saßen damals vor den TV-Geräten, als die Schauspieler Klausjürgen Wussow, Gaby Dohm, Sascha Hehn, Eva- Maria Bauer und andere ihre Ärzte- oder Schwesternkittel überstreiften. Die "Schwarzwaldklinik" war damit ein Straßenfeger. Auch international wurde die Serie ein Erfolg. Sie wurde in 43 Ländern ausgestrahlt und gehört damit zu den deutschen TV-Bestsellern im Ausland. Im deutschen Fernsehen wurde die TV-Klinik in den vergangenen zweieinhalb Jahrzehnten acht Mal wiederholt. An den Drehorten im Schwarzwald löste die Serie einen Touristenboom aus. "Die Schwarzwaldklinik war ein Phänomen, wie wir es in Deutschland zuvor nie hatten und auch nicht wieder haben werden", sagt der Produzent der Serie, Wolfgang Rademann. Der heute 75-Jährige ließ sich von der tschechischen Fernsehserie "Das Krankenhaus am Rande der Stadt" inspirieren, die Ende der 70er Jahre entstand. "Die Einschaltquoten der Schwarzwaldklinik sind bis heute unerreicht. Und sie werden auch nicht mehr getoppt werden können", sagt Rademann. Konkurrenz durch das Privatfernsehen gab es damals noch nicht. "Deutschland stand Kopf", erinnert sich Schauspielerin Barbara Wussow (49), die an der Seite ihres Vaters die Rolle der Lernschwester Elke übernahm. Sie war von der ersten bis zur letzten Folge dabei. "Die Schwarzwaldklinik wurde zu einem Blockbuster, wie man heute sagen würde, und für viele kommende Arztserien zum Wegbereiter", sagt sie. "Der Trubel und der Medienrummel um die Serie waren gigantisch, die Begeisterung der Massen wirkte berauschend." Allein in Deutschland wurden nach dem Ende der "Schwarzwaldklinik" mehr als 25 Ärzteserien ins Fernsehen gebracht. Den Erfolg des Vorbildes schaffte keine. Selbst Kritik konnte der "Schwarzwaldklinik" nichts anhaben. Manchen war die Serie zu seicht, professionelle Mediziner bezeichneten sie als wenig authentisch. Zwischen 1985 und 1998 kamen 73 Folgen auf den Bildschirm. 2004 und 2005 gab es zwar zwei neue Episoden. Doch danach war endgültig Schluss. Einen Neustart der Serie lehnt Produzent Rademann ab. "Eine Wiederbelebung würde dem Original schaden", sagt er. Zudem seien die meisten Schauspieler von damals inzwischen gestorben. Doch die Fans haben weiter Hoffnung. Sie haben europaweit mehr als 23 000 Unterschriften für eine Fortsetzung der Serie gesammelt. Rademann will davon nichts wissen. Er konzentriert sich auf die Endlosserie "Traumschiff", die er seit 1981 für das ZDF produziert. "Ich liege lieber unter Palmen als unter Tannen", sagt er. Am Samstag (23. Oktober), 14.00 Uhr, wiederholt das ZDF zum Jubiläum die letzte Folge der Serie. Sie trägt den Titel "Hochzeit mit Hindernissen". Anschließend, um 14.45 Uhr, läuft der 90-Minuten-Film "Die nächste Generation". Sie ist vor fünf Jahren, zum 20-jährigen Bestehen der Serie, erstmals gesendet worden.
23.10.2010
Fernsehphänomen "Schwarzwaldklinik" Halb Deutschland saß früher vor der Flimmerkiste, wenn Professor Brinkmann Visite hatte. Obwohl die Besuchszeit im Spital lange vorüber ist, bleibt die Serie unvergessen. «Die Schwarzwaldklinik» darf ohne Übertreibung ein deutsches Fernsehphänomen genannt werden: Während sich der Feuilleton über die Banalität der Serie ereiferte, schalteten in Spitzen bis zu knapp 28 Millionen Zuschauer ein. Angesichts der Tatsache, dass in der Drehzeit zwischen 1984 und 1988 in Westdeutschland gut 62 Millionen Bürger lebten, bleibt diese Quote im Nachbarland bisher unerreicht – von Sportübertragungen einmal abgesehen. Der Marktanteil erreichte bis zu 64 Prozent. Besonders anschaulich zeigen das die Top Ten der TV-Strassenfeger im Jahr 1986, in dem die Fussball-Weltmeisterschaft in Mexiko stattfand.
1.) Fussball-WM: Argentinien-BRD (2. Halbzeit - 28,22 Mio.) 2.) Schwarzwaldklinik (16) (27,19 Mio.) 3.) Schwarzwaldklinik (15) (26,71 Mio.) 4.) Schwarzwaldklinik (22) (26,55 Mio.) 5.) Schwarzwaldklinik (13) (26,46 Mio.) 6.) Fussball-WM: Argentinien-BRD (1. Halbzeit - 25,86 Mio.) 7.) Schwarzwaldklinik (18) (25,85 Mio.) 8.) Schwarzwaldklinik (14) (25,79 Mio.) 9.) Fussball-WM: BRD-Schottland (2. Halbzeit - 25,78 Mio.) 10.) Schwarzwaldklinik (20) (25,62 Mio.) (Quelle: Aktuell '86) Das Team um Klausjürgen Wussow alias Professor Klaus Brinkmann erlangte Kultstatus und dank der Popularität der TV-Ärzte liessen sich einige berühmte Gast-Patienten einweisen. Gerd Fröbe spielte dort das letzte Mal vor einer Kamera, der verstorbene Günter Strack gab den Mann mit Gewichtsproblemen und Harald Juhnke, der 2005 starb, mimte den schwerkranken Lottogewinner.
Heimatklischee und Exportschlager
Der Drehort, die «Klinik Glotterbad» im Glottertal nahe Freiburg wurde landesweit bekannt, doch das Sanatorium diente nur als Aussenkulisse, während die Zimmer und Krankenbetten in Hamburger Studios standen. Die Mischung aus Heimeligkeit, Herzschmerz und Hirnblutungen war trotz der Häme einiger Kritiker derart unwiderstehlich, dass das ZDF sein Produkt nach eigenen Angaben in 38 Länder verkaufen konnte. Während Abnehmer wie die Türkei oder Südafrika weniger erstaunen mögen, überraschen Grossbritannien und Polen als Käufer des Klischees einer heilen Welt dann doch. Ein Wunder war es also nicht, dass das ZDF 2004 versuchte, seinen 1989 verstorbenen Quotenknüller noch einmal wiederzubeleben: Zum 20. Geburtstag kamen Ärzte, Pfleger und der Professor für zwei Fernsehfilme wieder zusammen, doch «Klaus Brinkmann», der Halbgott in Weiss, war nicht mehr der alte. Schauspieler Klausjürgen Wussow war zu jenem Zeitpunkt bereits an Demenz erkrankt. «Ich erinnere mich an einen tüdeligen, fast hilflosen Wussow, der seine Texte vergass», erinnert sich Gaby Dohm alias «Schwester Christa» an den letzten Drehtag anno 2005.
"Man hätte ihm die letzten Drehs nicht mehr antun sollen"
Die 67-Jährige äusserte sich in der «Bild»-Zeitung deshalb auch kritisch zum Comeback-Krampf der «Schwarzwaldklinik»: «Man hätte ihm die letzten Drehs nicht mehr antun sollen. Er war schon krank und hatte Probleme, am Set klarzukommen. Klausjürgen war ein grosser Schauspieler, der ein besseres TV-Ende verdient hätte. Mir war damals auch klar, dass es die Schwarzwaldklinik, wie Millionen Menschen sie liebten, nie mehr geben wird.» Von jenem Tag an hatte Dohm nie wieder von ihm gehört, am 19. Juni 2007 starb Wussow in einem Berliner Krankenhaus. «Die Schwarzwaldklinik» ist heute noch derart beliebt, dass sie in einer aktuellen Umfrage mit neun Prozent auf dem dritten Platz der beliebtesten deutschen Serien landet – bei den Befragten über 40 Jahren. Was aber den Kultcharakter anzeigt, ist die Nachfrage bei der Jugend: Bei den 14- bis 39-Jährigen belegt sie sogar Rang zwei.