Die Schwarzwaldklinik

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Die neue Pfarrkirche

 

 

Um 1850 reichte der bisherige Friedhof, der um die Kirche herum angelegt war, für die Verstorbenen der größer gewordenen Gemeinde nicht mehr aus. Ausserdem war die Kirche zu klein geworden und sollte unbedingt erweitert werden. Deshalb suchte man nach einem Gelände für einen neuen Friedhof. Man erwartete eigentlich, dass der Rinzbergbur Andreas Schurhammer, der Bürgermeister war, auf seiner Wiese hinter der Kirche einen Platz zur Verfügung stellen würde. Aber er war ein überaus verquerer Zeitgenosse, der nicht nur seine vielen Kinder aus dem Haus getrieben hatte, sondern auch gern Streit suchte vor allem mit dem Pfarrer. Den hatte er schon mit dem Heuzehnten geärgert, indem er zuerst das Vieh auf die Wiese schickte und dann erst mähte, so dass man als Zehnten für den Pfarrer nicht mehr viel übrig blieb. Er dachte nicht daran, Gelände für den Friedhof zur Verfügung zu stellen. Als er damit bei seinen Bürgern einen schlechten Eindruck machte, sagte er, er würde Gelände hergeben, setzte dafür aber einen so hohen Preis fest, dass der Pfarrer es nicht zahlten konnte.

 

Schließlich erbarmte sich der Höningerbur und so wurde 1846 auf dem "Hofe des Heningers" ein Olatz gekauft für den neuen Gottesacker, der ab 1852 belegt werden konnte. Vom alten Friedhof, der um die alte Kirche angelegt war und viele Jahrhunderte als Gottesacker diente, existiert heute leider kein einziges Grabmal mehr, kein Priestergrab, keine Erinnerung an all die vielen Ordens- und Leutpriester und Kapläne, die im Glottertal gewirkt haben.

 

1862 wird Franz Josef Knieriem bis 1888 Pfarrer im Tal. Sein großer Wunsch war, den Kirchenneubau zu bewerkstelligen. Er begann Geld zu sammeln für eine Kirchenerweiterung, aber das zusammengetragene Geld reichte nicht. Knieriem führte im Jahre 1866 eine große Volksmission durch. Das waren vom 28. Januar bis zum 6. Februar sehr eindrucksvolle Tage. Täglich waren drei Predigten. Am letzten Tag wurde das Missionskreuz auf dem alten Gottesacker, das heute beim Kirchenportal steht, neu eingesegnet. Bei der Abschiedspredigt durch einen der Patres "blieb kein Auge ohne Tränen". Die Kirche war oft so voll, dass die Geistlichen kaum hineinkommen konnten.

 

Heuweiler hatte in jenen Jahren keinen Pfarrer und wurde von Pfarrer Knieriem verwaltet und betreut, zusammen mit dem damaligen Vikar Engelbert Kleiser, dem späteren heiligmäßigen blinden Pfarrer von Bickesheim. Alle Wochen drei- bis viermal gingen Pfarrer oder Vikar "in der Frühe um 5 Uhr bei tiefem Schnee und schrecklicher Kälte den ungebahnten Weg" nach Heuweiler.

 

Im Jahre 1887 gründete Pfarrer Franz Knieriem einen Krankenverein und berief zwei barmherzige Schwestern, Vinzentinerinnen, zur Krankenpflege in die Pfarrei, die am 15. Februar 1888 im Glottertal ihren Krankendienst aufnahmen, unter ihnen Schwester Borromäa. Sie war eine Glottertälerin und stammte vom Wahlenhof.

 

Die Schwestern lebten zunächst auf dem Wahlenhof, zogen dann vorübergehend ins Untertal in das heutige Haus Ganter unterhalb der Krone, bis sie in das neu erbaute Schwesternhaus im Dörfle einzogen. 20 Jahre später betreuten die Schwestern dann auch den neu erbauten Kindergarten, zu dem Schwestern Börromä das Grundstück gestiftet hatte. Als Alleinerbin verzichte Schwestern Borromäa auf die Übernahme des Wahlenhofes und verkaufte mit ihrer Mutter den Hof am 26. März 1896 an den Landwirt Josef Wisser. Von dem Erlös ließ sie das Schwesternhaus bauen, das zunächst St. Annahaus genannt wurde. Sie kaufte ausserdem am 31. März 1897 die sogenannte Badmatte im Dörfle, etwa 2,5 ha, auf dem dann später der Kindergarten gebaut wurde, nachdem Schwester Borromäa am 10. Januar 1908 dem katholischen Kirchenfond das entsprechende Grundstück gestiftet hatte. Mit 10 000 Goldmark trug sie auch wesentlich zum Neubau der Pfarrkirche 1892 - 1895 bei. Im Jahre 1890 wurde Dr. Augustin Brettle Pfarrer im Tal. Er nahm sofort zielstrebig den Kirchenbau in Angriff. Wer die Kirchenbauakten auch nur oberflächlich ansieht, ahnt die gewaltige Arbeitslast, die dieser Pfarrer zu tragen hatte.

 

Die alte Pfarrkirche war unansehnlich und so beengt, dass der Pfarrer gleich nach einem Jahr seines Wirkens im Glottertal am Fronleichnamstag die Vertreter der vier Gemeinden zusammenrief und erklärte, sie seien verpflichtet, zu Ehre Gottes und im Interesse einer gedeihlichen Seelsorge eine neue Kirche und ein neues Pfarrhaus zu bauen.

 

In der alten Kirche waren die Männer und Jünglinge meistens auf der Empore "in den unbequemsten amphitheatralisch aufgebauten Bänken, die fast an die niedrige Decke reichten". Da oben wurde es vor allem im Sommer sehr warm, so dass nur mit großer Mühe die Aufmerksamkeit auf die Predigt noch zu erhalten war, wie Pfarrer Brettle schrieb. Das Pfarrhaus war sehr feucht und hatte nicht den genügenden Raum für den Vikar und den Pfarrer.

 

Anfangs wollten die Gemeindevertreter nur eines genehmigen, entweder Pfarrhaus oder Kirche, aber schließlich bewilligte man beides. Zuerst musste das Pfarrhaus neu gebaut werden, denn der Platz des alten wurde teilweise für die neue Kirche gebraucht.

 

So legte man dann im Spätjahr 1892 das Fundament des Pfarrhauses und vollendete es zum Einzug auf Oktober 1893. Zum Glück für die Bauleute fiel in dem trockenen Jahr 1893 kein Tropfen Regen auf das Pfarrhaus, bis es unter Dach war.

 

Die Grundsteinlegung der Kirche erfolgte am 25. Juni, am Fronleichnamstag 1893. Neben das Schiff der 1458 gebauten alten Kirche wurde im Jahre 1893 mit dem Neubau begonnen. Infolge ausserordentlicher Gunst des Wetters schritt der Bau flott voran, kam unter Dach und ließ die frohen Gemüter höher schlagen, als plötzlich das "Glottertäler Verhängnis" hereinbrach, wonach alles, was recht werden sollte, zweimal gemacht werden muss.

 

Wegen der schlechten Bausausführung senkten sich die Säulen, die das Kirchenschiff trugen, ab, was von Pfarrer Brettle entdeckt wurde. Er meldete die Mängel, wurde zunächst ausgelacht, aber die Risse wurden immer größer. Die Kirchengemeinde strengte einen Prozess gegen den Bauunternehmer an. Sachverständige und Rechtsanwälte wurden beigezogen. Gutachten über Gutachten wurden angefertigt. Der rechtliche Austrag der Angelegenheit erfolgte durch die einzelnen Gerichtsinstanzen bis nach Karlsruhe, wobei die Urteile immer zugunsten der Pfarrgemeinde ausfielen.

 

Der Unternehmer ging allerdings bankrott und seine Bürgen mussten eintreten. Es mussten wieder sämtliche Ziegel abgenommen, das Mauerwerk teilweise abgebrochen und neu angefangen werden. Dieser Wiederaufbau erfolgte im Jahre 1894, der Bezug der neuen Kirche an Weihnachten 1895.

 

Innen war die Kirche damals noch kaum ausgemalt. Der ziemlich dunkle Chor wurde nur spärlich durch die hoch gelegenen Glasfenster erhellt, die unter anderem auch die Bilder der Ortsheiligen St. Blasius und St. Severinus zeigen. Auf der Südseite des Chors geht eine Türe durch den stehengebliebenen alten Turm in den Chor der früheren Kirche, der als Sakristei dient. Der Hochaltar stammt von der Firma Rottermund in Stuttgart. Der Marienaltar wurde von dem in Freiburg ansässigen Bildhauer Dettlinger erstellt, der aus Heuweiler stammte. Zuerst ließ ihn der Pfarrer die Mittelstatue anfertigen, eine Kopie einer Madonna in Lichtental. Sie war so vortrefflich und exakt kopiert, dass Pfarrer Brettle Dettlinger beauftragte, einen in der Barfüßerkirche in Basel stehenden Altar (die Kirche ist heute ein Museum für Kunst) zu kopieren. Dieser von ihm um sehr billigen Preis erstellte Marienaltar - sein Erstlingswerk - fand größten Beifall. Dettlinger fertigte dann auch den Josefsaltar, eine Kopie des Anna-Altars oder Sippenaltar (Joachim und Anna) aus dem Freiburger Münster und die Flügel zum Hochaltar. Hätte der Pfarrer ihn vorher gekannt, wäre ihm auch der ganze Hochaltar übertragen worden, der aber schon bei der Firma Rottermund bestellt war. Die Konsekration erhielt die neue Kirche im Jahre 1899 am 11. September durch Erzbischof Thomas Nörber von Freiburg.

 

Mit ausserordentlicher Freude und Spannung sah die Pfarrgemeinde dem seltenen Festtage entgegen, zumal um die neue Kirche fast ein Jahrhundert lang geplant und gerungen wurde. Endlich war nun der Kirchweihtag da. Nicht fehlen durfte allerdings, wie das im Glottertal so üblich ist bei großen Bauten, ein kleines Mißgeschick. Mit viel Freude und Lachen hat der Stadtpfarrer Carl Kistner, einer der beiden "Festvikare" an diesem Tag, folgendes Erlebnis bei einem späteren Besuch im Glottertal erzählt:

"Das ganze Glottertal, in Schmuck und Schönheit, wartet also auf den Erzbischof Nörber. Pünktlich wie noch nie im Leben, versammeln sich die Glottertäler auf dem nun weiten Kirchplatz, Pfarrer Brettle nimmt vorne an der Straße Aufstellung. Alles ist so wohl vorbereitet. Vor allem sollte die Begrüßung in Wort und Lied den Oberhirten beeindrucken, der jeden Augenblick eintreffen konnte. Da erdröhnen auch schon die Böller. Das Zeichen ist gegeben. Von der Enge her bewegt sich eilend eine Chaise mit zwei Schimmeln. Der Erzbischof kommt . . . Auf dem Kirchplatz ist es still geworden. Eben verhallen die letzten Böller . . ., die Feier unten bei der Kirche kann beginnen . . . aber aus dem schönen Fuhrwerk mit den zwei Schimmeln steigen zwei junge Freiburger Vikare aus . . . Betroffen, sprachlos stehen sie der enttäuschten Pfarrgemeinde und dem zürnenden Pfarrer gegenüber, der sie nun kräftig zusammenstaucht."

 

Was war passiert? Der Stadtpfarrer von St. Johann in Freiburg hatte seinen zwei Vikaren am Samstag gesagt: "Ihr geht morgen zur Kirchweih nach Glottertal, damit Ihr was lernt. Das Fuhrwerk stell und bezahl ich Euch." So kamen die zwei Vikare mit den Schimmeln ihres Stadtpfarrers ins Glottertal und ihr Fuhrwerk wurde für das erzbischöfliche gehalten. Und die Strafe: Die zwei jungen Vikare durften zwar die kirchliche Feier mitmachen, wurden aber ausgeschlossen von der weltlichen Feier im "Engel". Und wie ging es dem Erzbischof? Als er ins Tal fuhr, war es ganz still geworden. Fast unbemerkt erreichte Exzellenz den Kirchplatz.

 

 1901 kam Dr. Jakob Arnold als Pfarrer ins Glottertal. Er vollendete den Kirchenbau, denn man hatte unter Pfarrer Brettle zwar das Kirchengebäude erstellt, aber es war noch ein kalter Steinbau.

 

Zunächst wurde im Jahre 1907/08 der Kirchturm auf etwa 60 m erhöht, denn die hochragende neue Kirche verdeckte die Schallöffnungen und es bestand eine große Disharmonie zwischen Turm und Kirche. Der Kirchturm wurde bis zum zweiten Stock abgetragen und dann neu aufgebaut. Gleichzeitig wurde das Christopherusmosaik an der Sakristei angebracht. Christopherus wird verehrt als Bewahrer vor einem plötzlichen, unvorhersehbaren Tod und jeder, der auf der Straße vorbeiging, sollte daran erinnert werden, auf den Tod vorbereitet zu sein. Schon kurz nach dem 1. Weltkrieg nahm Pfarrer Arnold im Jahre 1919 die Ausmalung der Kirche in Angriff,  die von Franz und Philipp Schilling aus Freiburg bewerkstelligt wurde. Der Grundgedanke für die Ausmalung war, die Kirche, das alte Steinhaus, wie es Pfarrer Arnold empfand, in eine Vorhalle des Himmels zu verwandeln.

 

An Pfarrer Arnold erinnern neben der Ausmalung der neuen Pfarrkirche, die Gründung der Marianischen Jungfrauenkongregation im Jahre 1909 und die Gründung des Müttervereins 1911. Auch die Errichtung des Kindergartens ist sein Werk.

 

1922 kam Adolf Walz als Pfarrer ins Glottertal. Zuvor war er Pfarrer in Hochemmingen gewesen und zugleich Militärseelsorger der verschiedenen Lazarette von Bad Dürrheim. Er war gesundheitlich sehr angeschlagen und brauchte die Unterstützung seiner Vikare.

 

Ihm folgte 1937 Pfarrer Adolf Schlegel. Auf den jungen Pfarrer kamen mit dem Beginn des Zweiten Weltkrieges schwere Aufgaben zu. Immer neue Todesnachrichten erschütterten die Familien, eine schwere Zeit auch für den Pfarrer. Das Versprechen der Lindenbergwallfahrt und die weitgehende Verschonung wenige Tage später beim Bombenabwurf im Obertal waren für ihn Fingerzeige des Himmels. Die Tage um den 21. April 1945, als das Tal nur knapp der Zerstörung entging, erlebte er voll großer Sorge.

 

Der Aufbruch nach dem Krieg brachte für die Kirche auch im Glottertal große Veränderungen. Die Bedeutung des Religiösen, der Kirchenbesuch vor allem der Jugendlichen ließen nach und machten Pfarrer Schlegel große Sorgen.

 

Eine große positive Veränderung zwischen den Konfessionen wurden deutlich mit dem Bau der Evangelischen Kirche. Während in früheren Jahrhunderten kaum evangelische Christen im Tal wohnten, nahm ihre Zahl nach dem Zweiten Weltkrieg zu, was sich schließlich im Bau einer evangelischen Kirche dokumentierte.

 

Die katholische Pfarrkirche St. Blasius wurde in den Jahren 1980/81 innen völlig renoviert. Sämtliche Bilder und Altäre wurden farblich erneuert, die Kommunionbank wurde entfernt. Der Chorraum und der Volkaltar wurden durch den Bildhauer Lutz von Breisach neu gestaltet.

 

Auch die Pieta aus dem 15. Jahrhundert, die manchen Sturm überstanden hat und den Glottertälern besonders teuer ist, fand im Chor ihren Platz. Am 8. April 1862, als gegen 19 Uhr ein furchtbares Gewitter über dem Tal stand, schlug der Blitz zweimal in Kirchturm und Kirche ein, riß Löcher in die Turmmauern, zerstörte alle Fenster total, zerschlug den Josefsaltar in Stücke und beschädigte die anderen Altäre. Die Pieta aus Lindenholz, die auf dem Josefsaltar stand, wurde dabei rund zehn Meter in die Kirche geschleudert, blieb aber ohne jeden Schaden. Seitdem ist sie von den Glottertälern besonders teuer.

 

Am Blasiusfest 1982 erfolgte die Konsekration des Volkaltares. Abgeschlossen wurde die umfassende Innenrenovation mit der Anschaffung der neuen Orgel. Die alte Orgel aus dem Jahre 1897 war das erste pneumatische Werk dieser Kunstbranche aus der Werkstätte Kiene in Waldkirch, die damals in der Gegend sehr bekannt war. Im Jahre 1985/86 erfolgte ein weitgehender Orgelneubau durch die Firma Winterhalter aus Oberharmersbach, die in der Einweihung am Christkönigsfest 1986 ihr Ende fand.

 

Am 17. April 1989 starb Pfarrer Schlegel, der wohl wie kein anderer im 20. Jahrhundert das Glottertal geprägt hat.

 

 

 

 

 

 

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