Die Schwarzwaldklinik

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Vom Bauernbad zum Herrenbad: Die Kuranstalt Glotterbad GmbH

 

Ende des 19. Jahrhunderts veränderte sich das Aussehen des Glotterbades entscheidend. Die Besitzverhältnisse im Lauterbachtal wurden neu geordnet.

1894 nach dem Tode des Badwirts Lorenz Hoch wurde das Glotterbad, zu dem auch 3 ha Acker, 1 1/2 ha Wiesen, 14 ha Reutfeld und 11 ha Wald gehörten, für 54 000 Mark an Bernhard Ehlers verkauft. Ehlers baute im großen Stile um, konnte aber, weil er zu viele Schulden gemacht hatte, den Besitz nicht halten. So kam schon drei Jahre später das Bad in den Besitz der "Kuranstalt Glotterbad GmbH". Gesellschafter dieser GmbH waren der Bremer Geschäftsmann Heinrich Paul Friedrich Carl Isenberg, der große Güter in Norddeutschland und auch Kaffeeplantagen in Afrika besaß, dann sein Schwager Dietrich Hermann Glade, damals in Bombay/Indien ansässig, sowie August Bayer aus Waldkirch. Später traten auch Alexander und Richard Isenberg sowie Rechtsanwalt Nolte in die Gesellschaft ein. Die Gesellschafter krempelten mit dem reichlich vorhandenen Geld das Glotterbad vollkommen um.

Unter der Leitung von Direktor Bayer und der ärztlichen Leitung von Dr. Hoffner (1901 - 1930 Chefarzt) wurde nach und nach aus der Naturheilanstalt des 19. Jahrhunderts ein nach klinischen Grundsätzen geleitetes Sanatorium.

Zunächst entstand 1901 neben dem alten Gehrenhof das Kurhaus mit seiner 65 m langen Terrasse mit seiner herrlichen Aussicht ins Glottertal. Schon 1908 erfolgte ein weiterer Anbau.

1906 entstand neben dem von Ehlers renovierten Sanatorium der Alexanderbau, benannt nach Alexander Isenberg, mit allem Komfort und Luxus einer modernen Kuranstalt.

Auf dem Gelände des alten Badburenhofes, den man ebenfalls aufgekauft und abgerissen hatte, entstand auf dem Alexanderbau gegenüberliegenden Seite des Badbächle der nach Carl Isenberg benannte "Carlsbaus", der durch eine 70 Meter lange gedeckte Wandelhalle, die das Badbächle überspannte, mit dem Alexanderbau verbunden war.

Zu den Umgestaltungen des Bades passend, hatten sich auch die Behandlungsmethoden im Bad völlig verändert. Ein Blick in ein Prospekt des Glotterbads aus den 1920er Jahren zeigt, dass von den feucht-fröhlichen Zechgelagen im Warmwasserbad, das noch 60 Jahre zuvor exzessiv betrieben und sicherlich auch genossen wurde, nicht mehr viel übrig geblieben ist. Ruhe, Diät und die Freude an der Naturlandschaft sollten ab jetzt den Menschen Linderung von allerlei körperlichen, aber auch seelischen Gebrechen bringen.

 

So liest man im Prospekt unter anderem:

"Das körperliche und seelische Wohlbefinden des Menschen ist an geographische Voraussetzungen geknüpft, die erst in den letzten drei Jahrzehnten zu ihrer vollen Erforschung gelangten. Wenn die kommerzielle Geographie uns davon unterrichtet, was dieses oder jenes Land an Rohstoffen beut, was es infolgedessen in der Weltwirtschaft wert ist - greift die medizinische Geographie zu der Feder, um uns zu belehren, wo ideale Verhältnisse für den kranken und für den gesunden Menschen zu finden sind. Sie beschreibt uns die Orte, wo der sich erworbene Körper am Gesundbrunnen der Natur unter weiser ärztlicher Direktive wieder zu Kraft gelangt und wo der müde Geist, das überlastete Gemüt sich den Eindrücken einer stimmungsvollen Umgebung weihen kann, die zur Ruhe und Abgeglichenheit zurückzuführen.

. . .

Die Bäderstadt mit ihren rauschenden Festen, ihren vielen gesellschaftlichen Verpflichtungen und den mannigfaltigen Ablenkungen von der eigentlichen Kur taugt nicht für den seelisch müden Menschen. Der Straßenverkehr mit seinen Geräuschen, die Menschenmenge mit ihrem Hasten und Jagen, - wie können sie den schlaffen Nerven Erholung gewähren? Die Quelle, aus der im Bereiche einer Stadt Heilung entnommen werden soll, kann jenen Patienten nicht nützen, bei denen die körperlichen Störungen aufs engste mit ihrer seelischen Verfassung kombiniert sind, ihnen frommt nur das dem Weltgetriebe entrückte Bad, in dem sie sich selber leben können und in dem sie sich selber wieder finden. Von majestätischer, würdevoller Natur umgeben, gewinnt ihrer Seele neue Stärke und ihr Nervensystem neue Spannkraft, so daß Körper und Gemüt gleichermaßen gesunden, ohne daß man zu sagen vermöchte, welches von beiden anfängliche Ursache und schließliche Auswirkung des Heilvorganges sei . . . so müssen denn diese Zeilen den geschätzten Leser hineinführen in den geographischen Begriff "Glottertal" und sein idyllisches Seitentälchen zur Rechten, wo das Glotterbad Anspruch darauf erheben darf, rein geographisch gesprochen die drei Sternchen und die Unterstreichung zu erlangen.

Glotterbad ist kein Baden-Baden, denn es will keine Bäderstadt sein. Als Geograph wird man aber lange in Deutschland und in Europa nach einem topographischen Milieu von der Eigenart suchen müssen, wie sie diesem Sanatorium zugrunde liegt. Dort dürfte schon die bemerkenswerte Tatsache, daß in diesem gottgesegneten Tal die Traube noch auf Höhen reift, die sich ihr sonst versagen, genügend für das milde Klima sprechen. Und der glottertäler Rebensaft ist feurig südlich, bukettiert von den chemischen Substanzen des Bodens, die auch der Heilquelle ihren Charakter geben.

Und so werden Kranke und Gesunde durch diesen kurzen Einblick in die medizinische Geographie des Glotterbades erst Recht mit Interesse den Text und die Bilder des beschreibenden Prospektes in sich aufnehmen."

 

Man wirbt geschickt um den gestressten Großstädter, dem das milde Reizklima, die ruhige Abgeschiedenheit des Glottertales Linderung bei seinem Gebrechen bringen soll. Ganz bewusst setzt man sich ab von den mondänen Bädern wie Baden-Baden, die wegen all ihrer Attraktionen dem Patienten die wichtigste Medizin - die Ruhe - vorenthalten.

 

 

 

 

 

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