Kranz- und Buschwirtschaften
Wie schon erwähnt, kam es im 19. Jahrhundert zur Gründung der Wirtschaften "Adler", "Krone", "Linde" und "Busch". Dass diese es nicht leicht gegen die alteingesessenen Wirtschaften hatten, sich die Wirte im Tal mit allen Mitteln gegen die unliebsame Konkurrenz zu schützen versuchten, ist sicherlich nicht verwunderlich. So wollte schon der alte Rinzbetbur Hansjörg Schurhammer im Jahre 1747 auf seinem Hof eine Wirtschaft "Zur Krone" eröffnen. Engelwirt Fackler, dem dem Rinzbetbur nicht gut gesonnen war, machte allen seinen Einfluss geltend, um dieses Vorhaben zu verhindern. "Hansjörg bot 50 Rheintaler Konzessionsgebühr an. Dagegen bot der Engelwirt 60 Rheintaler, wenn keine neuen Wirtschaften mehr im Tale errichtet werden dürften und wenn den Wirten allein das Recht erhalten bliebe, zu metzgen und das Fleisch zu verhausieren. Erst über 50 Jahre später, sollte eine neue Wirtschaft im Glottertal entstehen.
Das "Busch", das älteste Wirtshaus ausser den alten Talwirtschaften, wurde schon am 15. Dezember 1800 dem Schuhmacher Andreas Kapp, der bereits 1789 und 1795 vergeblich für eine Konzession nachgesucht hatte, eröffnet. Sein Sohn Severin Kapp, genannt Schuhsever, verkaufte sein Wirtshaus 1851 an Andreas Schurhammer, der es für seinen aus Rußland zurückgekommenen Sohn Blasius Schurhammer, er war dort 12 Jahre lang als Uhrenhändler unterwegs, kaufte. Der Glottertäler Chronist Georg Schurhammer, ein Enkel des Blasius, war auf dem "Busch" aufgewachsen und liefert in seiner Familienchronik ein anschauliches Bild des "Busch", wie es zu jener Zeit ausgesehen hat.
Am Beispiel des "Busch" lässt sich verdeutlichen, welche Vorteile die alten Gasthöfe gegenüber den neuen hatten. Das "Busch", damals ein 2stöckiges altes Holzhaus mit einem blechernen Tannenbaum als Wirtshausschild, mit angebauter Scheuer, Stallung, Schweineställen, Hausplatz, Hofraum, Kegelbahn, Gras-, Gemüse- und Baumgarten, hatte nur die Buschwirtschaftsgerechtigkeit. Die alten Talwirtschaften dagegen waren sogenannte Kranzwirtschaften. Deshalb durften auf dem "Busch" zwar Wein, Bier, Schnaps ausgeschenkt und auch kalte Speisen gereicht werden, da es aber keine Kranzwirtschaft war, war es dem Buschwirt verboten, warme Speisen zu servieren, Tänze zu veranstalten und Gäste zu beherbergen.
Welche Folgen diese Einschränkungen haben konnten, zeigt eine Begebenheit aus dem Jahre 1864:
"Als sein (des Blasius Schurhammers) Freund Josef Reichenbach Hochzeit hielt, war das Hochzeitsessen im "Busch". Aber obwohl er seinem Freunde damit nur eine Gefälligkeit erweisen wollte und sich auch nur die Auslagen ersetzen ließ, wurde Blasius doch wegen Überschreitung der Wirtschaftsgerechtigkeit um 6 fl gestraft wozu er dann noch die Kosten eines deswegen angestrengten Prozesses tragen musste, die wohl etwas mehr betragen mochte."
Nach einem Gesuch erhielt Blasius 2 Jahre später eine Erweiterung der Konzession, er durfte fortan warme Speisen verabreichen. Trotzdem hatte es Blasius als Wirt nicht leicht, Schurhammer schreibt weiter:
"Besonders viel trug die Wirtschaft wohl nicht ein, denn Werktags kehrten ausser den paar Bauern, die zur Mühle oder in die Stadt gingen, niemand dort ein. Nur des Sonntags oder wenn ein Hochzeits- oder Taufessen war, ging etwas Geld ein. Um den Wein selbst pflanzen zu können, pachtete der Großvater 1870 auf 20 Jahre ein Viertel Reben am Eichberg von Georg Föhrenbach gegen jährlichen Zins von 23 fl."
1878 übergibt Blasius die Wirtschaft an seinen Sohn Urban Schurhammer, der von Beruf Bierbrauer war. Er führte die Wirtschaft einige Jahre weiter, bevor er schon im Jahre 1882 zusammen mit seiner Frau Rosina, geb. Hoch, mangels wirtschaftlicher Perspektiven, das Glottertal in Richtung Durlach verließ. Das "Busch" verpachtete er. Sein Vater Blasius lebte bis zu seinem Tode 1899 in einer Kammer im "Busch". Danach verkaufte Urban das "Busch".
Heute ist die Buschwirtschaft im Besitz der Familie Mathis.
Ebenfalls im 19. Jahrhundert ist das Gasthaus zum "Adler" entstanden.
Ein Text, der von Alt-Ratschreiber Leopold Furtwängler stammt, berichtet darüber, wie der "Adler" im Jahre 1883 eröffnet wurde. Er schreibt, dass die Liegenschaften, auf welchem heute das Gasthaus zum "Adler" steht, früher zum Schloßgut Winterbach gehörten. Gegenüber dem "Adler", stand bis ins 19. Jahrhundert hinein zunächst die alte Mühle des Schloßgutes, bevor sie nach einem Brand durch ein Sägewerk ersetzt wurde. Im Jahre 1868 kaufte der gelernte Uhrmacher August Kunz das Sägewerk samt zugehörigem Gelände und errichtete 1870 ein Wohnhaus gegenüber, den späteren "Adler". August Kunz verkaufte seine Liegenschaften samt Gebäulichkeiten im Jahre 1883 an Altkreuzwirt Xaver Ehrlacher und dessen Ehefrau Rosina geb. Gehri. Ein Ehrlacher schließlich eröffnete mit dem "Adler" eine weitere Wirtschaft im Unterglottertal. Ehrlacher führte das Gasthaus nicht immer selbst, sondern verpachtete den "Adler" mehrmals. Adlerwirte waren in den kommenden Jahrzehnten zum Beispiel:
1909, Adolf Salb - 1910, Gustav Tritschler - 1912, Bernhard Schwarz - 1914, Wilhelm Beck, Metzger, Unterglottertal.
Am 18.10.1921 kaufte der vorherige Engelwirt August Faller den "Adler" von Ehrlacher. Ein Grund dafür war auch, dass er auf dem gegenüberliegenden Gelände, wo vormals eine Sägemühle stand, eine Werkstatt für Automobile errichten sollte.
Nach seinem tragischen Tod - August Faller verunglückte tödlich im Wassermer Wald - führte zunächst seine Frau die Wirtschaft weiter.
1952 kam es zum Verkauf des "Adlers" an Karl (*1914, gest. 1984) und Trudi Linder geb. Faller (*1921, gest. 1983), eine Schwester des Vorbesitzers. Karl Linder war zuvor Wirt auf dem "Engel" gewesen. 1983 verkauften Linder den "Adler" an Stephanie Langenbacher.
Zu diesen alten Wirtschaften, die im 19. Jahrhundert gegründet wurden, zählt auch die "Linde", heute ein italienisches Spezialitätenrestaurant "Da Silvano". Ursprünglich gehörte das Haus zum Mattenbauernhof. Ein Bierbrauer Schultis hat es dann gekauft und eine Wirtschaft und Brauerei eingerichtet. Später hießen die Besitzer Walchner, bevor Josef Lickert vom Wälderhansenhof im Jahre 1906 Lindenwirt wurde, indem er Sofie geb. Schultis heiratete. Sie hatte das Grundstück mit Wirtschaft 1906 von ihrer Mutter Theresia, der Witwe des Max Walchner für 17000 M erworben. 1927 verstarb Josef Lickert, danach betrieb die Witwe die "Linde" weiter. 1943 wurde Heinrich Lickert und seine Frau Emma geb. Beck Lindenwirt. Sie erbauten 1957 auf der gegenüberliegenden Seite das neue Gasthaus zur "Linde", das sie später an ihre Tochter Gertrud und Schwiegersohn Hermann Reichenbach weitergaben. Die alte "Linde" stand früher auf der anderen Straßenseite oberhalb des Lebensmittelgeschäfts Blattmann.
Trotz einer relativ langen Tradition wird die "Krone", die lange eine sehr gute Stellung im Tal inne hatte, heute nicht mehr als Gasthaus geführt.
Die "Krone" gehörte ursprünglich der Familie Schill. Altkronenwirt Michael Schill (1818 - 1907) hatte den Felsenkeller im Wiggisrain von Fräßles erworben und lagerte dort sein selbstgebrautes Bier. Das kleine, einstöckige Gasthaus wurde im Jahre 1872 unter seinem damaligen Besitzer Michael Schill (1852 - 1920) abgerissen und neu aufgebaut. Schill war nicht nur Gastwirt, sondern ebenso wie seine Vorgänger auch Bierbrauer.
Die "Krone" entwickelte sich zu einem gutgehenden Landgasthaus, das sich eines guten Zuspruchs erfreute. Besonders lustig ging es her, wenn die Stöckle-Musik aus dem Obertal zum Tanz aufspielte und der Stöcklebauer mit Hingabe seine Baßgeige strich. Hermann Schill übernahm die "Krone" 1911. Zeitweise betrieb er auch einen Fuhrbetrieb mit Pferdefuhrwerken nebenher. Danach wechselten die Wirte sehr häufig, so sind zwischen 1921 und 1934 zehn verschiedene Wirte auf der "Krone".
1934 wurde Philipp Blumberg durch die Heirat mit Maria Schill Eigentümer der "Krone".
Im Jahre 1954 wurde das Gebäude zum zweiten Male im Laufe seiner Geschichte abgerissen; Inhaber war nun Otto Schemmer, Wirt des Grünen Baum in Denzlingen. Der Neubau wurde im Juni 1956 eröffnet. In den 1960er Jahren unter der Familie Roßknecht wurden sehr viele Feriengäste in der Umgebung der "Krone" in Privatzimmer einquartiert, das Frühstück nahmen sie aber in der "Krone" ein. Roßknechts hatten einen Vertrag mit der Firma Magirus Deutz und so hatten sie ihre Fremdenzimmer immer mit Werksurlaubern belegt. Viele Privatleute in der Umgebung der "Krone" kamen so dazu, Fremdenzimmer anzubieten.
Nach dieser relativ kurzen Blütezeit der neuen "Krone", trat wieder die alte Krankheit dieses Gasthauses auf: Sehr häufig wechselten die Besitzer, bevor die Gemeinde das Gebäude erwarb, es zunächst noch verpachtete, später aber umbaute. Heute sind in den Gästezimmern der "Krone" unter anderem Asylbewerber untergebracht, in der ehemaligen Wirtschaft entstehen Vereinsräume des Deutschen Roten Kreuzes.
Durch den sich vor allem nach dem 2. Weltkrieg immer mehr verstärkenden Fremdenverkehr in den Glottertalgemeinden, wurde es wirtschaftlich interessant, Gastronomiebetriebe zu gründen.
Der älteste Betrieb aus dieser Periode ist das "Café Gehri", das von Bäckermeister Karl Gehri und seiner Frau Theresia geb. Hoch schon am 16.12.1938 eröffnet wurde. In neuester Zeit wurde das "Café Schill" beim Glotterbad eröffnet.
Vesperstuben und kleinere Lokale entstanden nach dem Krieg mit dem "Föhrenstüble" im Föhrental, dem zum "Hirschen" gehörenden "Rebenhof" und dem benachbarten "Leimeneckstüble" im Ohrensbach, dem "Eichbergstüble" im Unterglottertal und schließlich dem Georgsstüble" und dem "Glotterstüble" im Oberglottertal.
Aber auch größere Gasthäuser entstanden in dieser Zeit. So im Untertal die "Schloßmühle", die 1951 von Karl Mack eröffnet wurde, nachdem in dieser ehemaligen "Buxermühle" kurzzeitig die Winzerstube der Winzergenossenschaft untergebracht war.
Direkt daneben steht das "Hotel Schwarzenberg", und nicht weit davon das 1993 neueröffnete Hotel "Schwarzenbergs Traube".
Hinter der Schule folgt "Wissers Sonnenhof", ehemals das Wohnhaus des Rinzbethofs, das 1963 in eine Wirtschaft umgewandelt wurde. So ist das Vorhaben des alten Rinzbetburs Hansjörg Schurhammer, wenn auch mit erheblicher Verspätung, doch noch verwirklicht worden. Ohrensbach schließlich entstand in den 1960er Jahren das "Mühlenbach", das heutige "Glottergrill" mit seiner Kegelbahnanlage.
Das Glottertal ist heute ohne seine vielen Einkehrmöglichkeiten nicht vorstellbar. Zum einen brachte der zunehmende Fremdenverkehr eine hohe Gastronomiedichte, wie sie in der Umgebung seinesgleichen sucht, mit sich, zum anderen bringt der Ruf der Glottertäler Gastronomie auch viele dazu, ins Glottertal zu kommen.
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