Der Fußballverein
Groß waren auch die Widerstände der Einheimischen gegen die jungen Leute, die plötzlich meinten, sich sportlich betätigen zu müssen. Erst in der Zeit nach dem 1. Weltkrieg kam überhaupt jemand auf die Idee, Sport zu treiben. Noch immer herrschte die Meinung vor, dass es genüge, sich beim „Schaffe“ zu verausgaben.
Freizeit an sich war etwas was einen dubiosen Beigeschmack hatte. Sie sollte, wenn überhaupt, mit einer kulturellen, dass heißt musikalischen Tätigkeit, ausgefüllt sein. Bedenkt man, dass, zum Beispiel auch der Gesangsverein große Probleme hatte, bei Konzerten etwa im Hirschensaal überhaupt Einheimische anlocken zu können, so kann man sich vorstellen, wie schwer es den diversen Fußball-, Fahrrad- oder Turn-“Verrückten“ fiel, Resonanz bei den Tälern zu finden.
Die große Bewunderung einiger junger Glottertäler für die Fußballer des „Clubs“ in Nürnberg und den „FFC“ in Freiburg führte dazu, dass es den Jungs nicht mehr genug war, mit dem Fahrrad nach Freiburg zu fahren, um die Vorbilder von Ferne zu bewundern. Man wollte selber kicken und versuchte, gegen alle Widerstände einen eigenen Kickverein zu gründen. Dies war nur möglich durch das Engagement einiger begeisterter Einzelkämpfer. Die Gründer des SV Rot-Weiß Glottertal wie Josef Scherzinger, Alfred Laubach, Heinrich Meßmer, Heinrich Kunz, Andreas Meßmer, Florian Düsch und Alfons Kaltenbach waren solche Idealisten, die unter schwierigsten Bedingungen ihren Dickkopf durchsetzten und diesen Verein bei einem Treffen in der Kreuzsäge im Jahre 1927 aus der Taufe hoben. Nach kurzer Zeit wurde beschlossen, eine einheitliche Sportbekleidung zu kaufen. Man entschied sich für die Farben Schwarz-Rot, die Farben der Vorbilder FFC und 1. FC Nürnberg. Die Fußballschuhbeschaffung finanzierte Andreas Meßmer. Josef Scherzinger besorgte die Sportbekleidung aus eigenen Mitteln für die Mannschaft. Er bestellte die Trikots ohne Wissen seiner Mutter, die für diese „Geldverschwendung“ kein Verständnis aufbrachte, und ohne über die nötigen Mittel zu verfügen und musste dann nach und nach die Schulden abstottern.
Einen Platz hatte man jedoch noch keinen. An eine Unterstützung von Seiten der Öffentlichkeit war nicht zu denken. Die jungen Fußballer wollte man überall haben, nur nicht in der Gemeinde. „Genn ins Silbergrüble oder ufs Wildtäler Eck nuf, dert kenne ihr kicke“, war die Stimmung im Tal. Die jungen sportbegeisterten Glottertäler gingen dann auch auf das Wildtäler Eck.
Sonntag für Sonntag mussten sie sogar die Torstangen mitnehmen. Die wurden dort deponiert, und nicht selten waren sie am nächsten Sonntag wieder verschwunden. Eine Person gab es jedoch, die den jungen Burschen von Anfang an den Rücken stärkte. Sie half, wo immer sie nur konnte: Es war die Krüzmutter (Kreuzwirtin) Barbara Kunz geb. Fackler. Bald jedoch kam Ordnung in den Verein. Man wählte einen Vorstand. I. Vorstand wurde Alfred Laubach, II. Vorstand, Rechner und Schriftführer Karl Kunz. Zum Spielführer wählte man „Sepp“ Scherzinger. Im Jahre 1927 wurde noch privat gespielt, d.h. Man schloss sich noch keinem Verband an. Am Anfang waren einige Schlappen zu verzeichnen. Das 1. Spiel betritt man gegen den Nachbarverein FC Denzlingen. Das Spiel ging mit 1:10 verloren. Gegen Reute unterlag man gar mit 0:15 und gegen St. Peter 0:4. Der damalige Vikar Schmutz war ein großer Verfechter der DJK-Ideale. Dem jungen Kickverein war er ein guter Berater und Unterstützer. So trat dann im Jahre 1928 der Verein dem DJK-Verband bei. Von jener Zeit an bestritt man Verbandsspiele innerhalb dieser Vereinigung. Noch immer aber war man im Tal nicht akzeptiert. Dies änderte sich mit einem Großereignis, bei dem man zeigte, dass man sehr wohl etwas Vernünftiges auf die Beine stellen konnte.
Das größte Sportfest im Glottertal fand im Jahre 1931 statt. Die großangelegte Leichtathletikveranstaltung wurde auf „Flamms Matte“ veranstaltet. Im ganzen Bezirk fand dieses Fest Beachtung. Über 300 Aktive wirkten mit. Die Glottertäler zeigten, dass sie nicht nur das Fußballspielen beherrschten, sondern dass auch der 100-m-Lauf, das Kugelstoßen oder das Speerwerfen zur Ertüchtigung des Körpers gehörte. Der DJK-Verband hatte von dieser vorbildlich organisierten Sportveranstaltung einen Film gedreht, der überall gezeigt wurde. Im gleichen Jahr wurde auch der in Eigenarbeit errichtete Sportplatz beim Kreuz nach einem großen Umzug durchs Tal eingeweiht. Man war nun auch räumlich ins Tal gezogen; auch dies zeigte jedem, dass man nun dazugehörte.
Schon vor der Auflösung des DJK-Verbandes durch die Nationalsozialisten, hatte sich der Fußballverein 1933 dem Südbadischen Verband angeschlossen. Nachdem sich die Fußballer nach einem Spiel in Littenweiler benachteiligt fühlten, beschlossen sie aus dem DJK-Verband auszutreten. Der Verein wurde in SC Rot-Weiß Glottertal umbenannt. Nun spielte man nicht mehr nur gegen Vereine katholischer Nachbargemeinden sondern zum Beispiel auch gegen Denzlingen.
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